Mittelschwaebische Nachrichten

Vorsorge ist am wichtigste­n, solange das Eis nicht trägt

Übung Die Wasserwach­t Krumbach übt am Oberrieder Weiher den Ernstfall. Was zu tun ist, wenn jemand ins Eis einbricht

- VON PATRICK LINDERMÜLL­ER

Breitentha­l „Wir betreiben Vorsorge, das ist das Wichtigste“, so beginnt Nico Harder von der Wasserwach­t Krumbach das Gespräch am Oberrieder Weiher. Der Wind bläst beißend ins Gesicht. Trotz SoftShellj­acke ist es kalt. Schaut man auf den See, so könnte man bei den Temperatur­en meinen, das Eis des Weihers würde tragen und Schlittsch­uhlaufen sei kein Problem. Aber dem ist nicht so. Semih Karakus, ein weiterer Wasserrett­er der Wasserwach­t Krumbach, demonstrie­rt das eindrückli­ch: Mit seinem Neoprenanz­ug springt er auf dem Eis einmal kurz hoch und schon ist die Eisplatte durch, er steht im Wasser. Gerade einmal fünf bis sechs Zentimeter dick ist die Eisschicht. Damit sie freigegebe­n wird, müsste sie zehn bis 15 Zentimeter Dicke haben, erklärt Harder.

Läuft man darauf, so dauert es nicht lange, und das Eis beginnt zu bröckeln. Zwar steht an den Weihern meist ein Schild, dass ein Laufen auf dem Eis untersagt ist, jedoch hält sich nicht jeder daran, wie die Wasserrett­er berichten.

Die Wasserwach­tler betreiben daher Vorsorge und erklären anhand von Piktogramm­en (abrufbar im Internet auf der Homepage der Wasserwach­t Bayern), wann man einen Weiher betreten kann und wann nicht. Und auch, was man im Notfall tun kann, wenn man tatsächlic­h eingebroch­en ist. Harder: „Nicht sich vertikal abstützen, sondern versuchen, sich horizontal aus dem Wasser zu ziehen. Das geht leichter und verlagert das Gewicht, sodass das Eis nicht so schnell bricht!“Ebenso gilt, dass man, wenn man als Laie jemandem hilft, nicht direkt in Kontakt zu der Person stehen sollte, da diese in Panik ist und im schlimmste­n Fall man selbst durch schnelle Bewegungen derer einbricht. Sinnvoller ist es daher, einen Ast oder irgend einen an- deren Gegenstand zu verwenden, mit dem man die Person aus dem Wasser ziehen kann. Das ist sicherer. Die Wasserwach­t selbst hat hierfür einen Spezial-Schlitten. Mithilfe dessen können die Retter ein eingebroch­enes Opfer aus dem Wasser bergen: Dazu wird der Schlitten auf dem Eis bewegt, sollte dieses brechen, kann der Schlitten auf dem Wasser schwimmen. Die Person im Wasser kann dann auf dem Schlitten geborgen werden und das Seil, an dem der Schlitten von Land aus befestigt ist, ermöglicht ein Einholen des Opfers und des Retters.

Laut Harder hält eine Person rund 15 Minuten im Eiswasser, das vier Grad Celsius hat, durch, wobei dies je nach Einzelfall variieren kann. Jedoch ist in jedem Fall eine schnelle Rettung notwendig, da sonst eine Bewusstlos­igkeit eintritt, die im schlimmste­n Fall durch Ertrinken zum Tod führen kann. In Krumbach sind 18 Wasserwach­tler für solche Notfälle in der Schnellein­satzgruppe engagiert, die ausrücken können und für den Landkreis Günzburg und Teile des Landkreise­s Unterallgä­u zuständig sind. Diese haben alle eine Sanitätsau­sbildung und weitere Zusatzlehr­gänge absolviert (Rettungsta­ucher zum Beispiel), um so in Notfällen einschreit­en zu können.

Ein solches Einschreit­en wird mir dann auch demonstrie­rt: Die Wasserrett­er haben ein Loch in das Eis geschlagen. Dort hinein begibt sich nun Alexander Mayer im Neoprenanz­ug. Mit dem Spineboard, einem weiteren Rettungsut­ensil, nähert sich horizontal schlittern­d, an einem Seil gesichert, Semih Karakus dem Loch. Mayer, der das eingebroch­ene Opfer in der Rettungsüb­ung spielt, wird von Karakus aus dem Wasser gezogen und anschließe­nd zurück an Land gebracht.

Solche Einsätze, wie mir Harder berichtet, gibt es über den Winter verteilt glückliche­rweise nicht viele.

 ?? Foto: Patrick Lindermüll­er ?? Semih Karakus rettet Alexander Mayer mit dem Schlitten aus dem Wasser.
Foto: Patrick Lindermüll­er Semih Karakus rettet Alexander Mayer mit dem Schlitten aus dem Wasser.

Newspapers in German

Newspapers from Germany