Mittelschwaebische Nachrichten
Unfallstatistik: Weniger Räder, mehr Risiko
Unfallstatistik 23 Zweiradfahrer sind im vergangenen Jahr bei Unfällen im Bereich des Kemptener Präsidiums gestorben. So geht die Polizei damit um
Bei den Unfallzahlen des vergangenen Jahres fallen vor allem die Zweiradfahrer auf. Das sagt die Polizei dazu.
Kempten Nein, der Wert ist nicht gerundet: Es waren genau 29000 Unfälle, die im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West im vergangenen Jahr passiert sind, und damit knapp 800 mehr als im Vorjahr. Damit geht die Kurve der Unfallzahlen der vergangenen zehn Jahre weiterhin steil nach oben. Polizeivizepräsident Guido Limmer führt den Anstieg darauf zurück, dass die Zahl der Einwohner im Gebiet zwischen der Donau und den Allgäuer Alpen immer größer wird und damit auch die der zugelassenen Fahrzeuge. Der Ausflugsverkehr im heißen Sommer 2018 mag sein Übriges getan haben – und führte vermutlich auch dazu, dass vermehrt Zweiradfahrer unter den Unfallopfern zu finden sind.
„Der Anteil der Zweiradfahrer unter den bei Unfällen Getöteten ist deutlich gestiegen“, sagte Limmer gegenüber Journalisten bei der jährlichen Pressekonferenz zur Verkehrsunfallstatistik. Von den 55 Verkehrstoten des vergangenen Jahres waren elf Motorradfahrer, sechs Fahrradfahrer und sechs Pedelec-Fahrer. Bei den verletzten Fahrradfahrern verzeichnet das Präsidium für 2018 einen Höchst- stand mit 1382, 240 Pedelec-Fahrer wurden bei Unfällen verletzt. „Der bayernweite Trend ist mit einem Zuwachs von zehn Prozent ganz ähnlich“, so Rainer Fuhrmann vom Sachbereich Verkehr des Präsidiums.
Bei den Ursachen sieht Fuhrmann auch die stark gestiegene Zahl der Fahrräder und Elektro-Räder auf den Straßen der Region. „Die Branche verzeichnet zweistellige Zuwächse bei den Verkäufen. Dabei sind ein Viertel der verkauften Räder Pedelecs.“Ein weiterer Faktor ist die Altersgruppe der Fahrer, die mit elektrischer Unterstützung radeln. Meist sind es ältere Menschen, die mit dem Pedelec fahren – und damit ist laut Fuhrmann eine Reihe von Problemen verbunden. Verminderte Reaktionszeit, eingeschränktes Sehvermögen, eingeschränkte körperliche Beweglichkeit, aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten machen ältere Fahrer anfälliger für Unfälle. „Zudem ist es in dieser Altersgruppe zunehmend schwieriger, sich auf Veränderungen einzustellen“, so der Verkehrsexperte.
Die Folge sind häufiger schwere und tödliche Unfälle wie jene aus dem Vorjahr, die Fuhrmann beispielhaft nennt: In Illertissen hatte eine ältere Dame mit ihrem Pedelec eine Straße überqueren wollen und dabei ein herannahendes Auto übersehen, das die Frau erfasste. In Waldstetten blendete die tief ste- hende Sonne einen Fahrer, der dadurch einen Pedelecnutzer zu spät erkannte und ebenfalls erfasste.
Gegensteuern könne die Polizei nicht allein, sagt Fuhrmann mit Blick auf die steigenden Unfallzahlen. „Das ist auch eine Herausforderung für die Baulastträger von Radwegen – sie müssen mittelfristig dafür sorgen, dass beispielsweise auf den Wegen zwei Radler aneinander vorbeifahren können.“In der Präventionsarbeit sprechen die Polizeibeamten auch Auto- und Lkw-Fahrer an, um sie für die Zweiradfahrer zu sensibilisieren. „Die Radler selbst motivieren wir zur Helmnutzung. Wir versuchen, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen.“Polizeibeamte auf dem Zweirad seien deshalb grundsätzlich nicht nur immer mit Helm, sondern auch immer mit gut sichtbarer Kleidung unterwegs. Mit einem Fahrrad-Simulator, der auf Messen und an Infoständen der Polizei angeboten wird, zeigen die Beamten außerdem, wie sich das Fahren mit dem Pedelec anfühlt und welche Besonderheiten sich dabei ergeben.
Höchststand bei den verletzten Radfahrern