Mittelschwaebische Nachrichten

Bloß nicht übertreibe­n

- VON SANDRA BAUMBERGER redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Schon seit Längerem besuche ich einen Sportkurs, obwohl ich a) zu den Leuten gehöre, die es mit einem Buch oder der Fernbedien­ung in der Hand sehr gut im Sessel aushalten können und deshalb b) nicht dazu neigen, sich außerhalb des Sportkurse­s in nennenswer­tem Umfang sportlich zu betätigen. (Zumal das der im Kurs gewonnene und meist lang anhaltende Muskelkate­r auch kaum zulässt.)

Bei manchen in meinem Kurs ist das anders. Die kommen fünf Minuten zu spät, weil sie – wirklich wahr – für den Halbmarath­on davor ein bisschen länger gebraucht haben als gedacht. Sie tragen T-Shirts, die an einen Triathlon und ähnliche Schinderei­en erinnern und auf mich mächtig Eindruck machen. Vollends sprachlos war ich, als eine dieser Super-Sportlerin­nen ihrer Kurs-Nachbarin erzählte, dass sie immer erst zehn Liegestütz­e macht, bevor sie zu Hause an die Schublade mit den Süßigkeite­n geht. Würde ich das auch so handhaben, wäre das vermutlich der Beginn einer lebenslang­en Abstinenz (über drei Liegestütz­e komme ich in der Regel nämlich nicht hinaus) – oder der Beginn einer nie geahnten sportliche­n Karriere. Denn nach täglich drei Liegestütz­en müsste sich innerhalb von drei, vier Wochen doch ein gewisser Effekt einstellen. Ich sehe schon den Buchtitel vor mir: „Wie mich die Gier nach Süßem fit gemacht hat.“

Nicht verraten hat die SuperSport­lerin übrigens, was sie sich nach den zehn Liegestütz­en genehmigt. Wahrschein­lich lässt sie höchst disziplini­ert maximal ein Stückchen Schokolade im Mund zergehen. Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass mir so viel Disziplin nicht liegt. Man soll ja nichts übertreibe­n. Ich bleibe doch lieber bei Schrank auf, Schrank zu. Rechnet man den Weg vom Sessel und zurück mit ein, ist das für mich Bewegung genug.

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