Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Weg zur Heilung von innen
Gespräch Wie Dr. Michael Tischinger „Selbstliebe“gegen „Stress“ansetzt
Krumbach Über „Das dreifache Liebesgebot“spricht Dr. Michael Tischinger am 14. März im Haus St. Michael. Der Referent arbeitet seit 2011 als Chefarzt der Adula-Klinik in Oberstdorf. Seine Bücher „Jeder Tag ist ein geschenktes Leben“und „Selbstliebe – Weg der inneren Heilung“wurden zu Bestsellern.
Sie haben ein Doppelstudium absolviert: Humanmedizin und Katholische Theologie. Wie kamen Sie dazu?
Dr. Tischinger: Die Medizin war mir zu eng angelegt, zu sehr auf das Naturwissenschaftliche ausgerichtet. Mich interessiert aber der ganze Mensch, also Körper, Psyche, Soziales und Spirituelles mit all den Querverbindungen und Wechselwirkungen. In meiner Überzeugung, dass das alles zusammengehört, bin ich durch mein Doppelstudium bestärkt worden.
Was das Spirituelle angeht, sind Sie sehr breit angelegt. Achtsamkeit beispielsweise, das Thema Ihres ersten Bestsellers, hat viele Berührungspunkte zur „Meditation“.
Dr. Tischinger: Ich habe christliche Wurzeln und die sind mir auch sehr wichtig. Dennoch ist Spiritualität für mich nicht konfessionsgebunden, sondern wie ein weiter Raum, wo alle Menschen ihren tragenden Grund finden können.
Welche Rolle also spielt Gott in Ihrem Denken, Ihren Vorträgen und Büchern?
Dr. Tischinger: Eine zentrale Rolle, aber nicht im herkömmlichen Sinn. Gott ist ja nicht als Wesen zu verorten, das irgendwo auf einer Wolke sitzt. Gott wohnt in uns, als „Seelenfunke“beispielsweise, wie das der christliche Mystiker Meister Eckhart gesehen hat. Über den göttlichen Funken in uns haben wir nicht nur Verbindung zu Gott, sondern zur gesamten Schöpfung. Wir können uns in der ganzen Welt, in jedem Ding wiederfinden.
Ihre Bücher sind deswegen so erfolgreich, weil sie an einem Defizit unserer Zeit und Gesellschaft ansetzen. Worin besteht dieses Defizit?
Dr. Tischinger: Der Mensch unserer Zeit orientiert sich zu stark am Außen und hier insbesondere am Leistungsgedanken. Wir lassen uns von außen die falschen Maßstäbe diktieren und durch die Arbeitswelt, die Kommunikationsmittel und die Sozialen Medien wachsen die Ansprüche ins Grenzenlose und beschleunigen sich die Abläufe permanent. Das macht krank. Wir sind nicht mehr in unserem Innern zu Hause. Wir müssen wieder lernen, nach innen zu schauen, und hierbei ist auch das Thema Selbstliebe, über das ich in Krumbach spreche, wesentlich. Es gibt heute eine Flut von Ratgebern auf dem Buchmarkt. Wodurch unterscheiden sich Ihre Bücher von anderen? Dr. Tischinger: Meine Leser finden meine Bücher nicht theoretisch, sondern authentisch. Das kommt daher, dass ich aus meiner Arbeit schöpfe, aus der Betreuung von psychisch kranken Menschen. Ich kenne die großen Nöte vieler Menschen und weiß, wo man ansetzen muss, um wirksam und nachhaltig zu helfen.
Sie absolvieren ein außergewöhnlich großes Arbeitspensum. Trotzdem hatten Sie spontan Zeit und Muße für ein Gespräch. Wie geht das?
Dr. Tischinger (lacht): Ich übe mich in Achtsamkeit. Im Kontakt mit der Seele spüre ich, was jetzt gerade in diesem Augenblick wichtig ist und Vorrang haben sollte.
Dr. Heinrich Lindenmayr
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Info: Der von der Katholischen Landvolkbewegung organisierte Vortrag „Das dreifache Liebesgebot: Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe“findet am 14. März um 19.30 Uhr im Haus St. Michael Krumbach statt. Karten im Vorverkauf sind erhältlich im Eine-WeltLaden, im ABC Büchershop und in der Sparkasse Thannhausen.