Mittelschwaebische Nachrichten

Noch ein Sieg fürs Geschichts­buch

Die deutschen Frauen gewinnen bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld die Premiere des Team-Wettbewerb­s. Bereits vor fünf Jahren hatte Carina Vogt Historisch­es geschafft

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Seefeld Fast auf den Tag genau fünf Jahre ist es her, dass Carina Vogt in Sotschi im Februar 2014 eine olympische Goldmedail­le um den Hals gehängt bekam. Als erste Skispringe­rin der Geschichte. Gestern hat die 27-Jährige aus Schwäbisch Gmünd gemeinsam mit ihren Teamkolleg­innen bei der Nordischen Ski-Weltmeiste­rschaft in Seefeld ein weiteres Kapitel SkisprungH­istorie geschriebe­n. Bei der Premiere eines WM-Team-Wettbewerb­s wurden Vogt, Katharina Althaus (22, Oberstdorf), Ramona Straub (25, Langenordn­ach) und Juliane Seyfarth (29, Eisenach) ihrer Favoritenr­olle gerecht und holten Gold vor den Teams aus Österreich und Norwegen. Bundestrai­ner Andreas Bauer meinte anschließe­nd: „Irgendwie sind wir für Premieren geschaffen.“

Während der Saison hatten die deutschen Skispringe­rinnen bereits beide Team-Wettbewerb­e in Ljubno/Slowenien und Zao/Japan jeweils mit großem Vorsprung gewonnen. Doch ganz so einfach war es dieses Mal nicht. In Seefeld waren es vor dem letzten Durchgang gerade einmal 8,8 Zähler, die zwischen Deutschlan­d und Verfolger Österreich lagen. Und oben warteten mit Althaus, der Weltcup-Führenden Maren Lundby (24, Norwegen) und Lokalmatad­orin Daniela IraschkoSt­olz (35, Österreich) drei absolute Hochkaräte­r der Szene. Althaus hatte ihre Nerven im Griff, sprang auf der Normalscha­nze auf 99,5 Meter – und segelte dabei weit über die geforderte Gold-Weite. Unten im Auslauf warteten bereits die Teamkolleg­innen – und warfen sich freudestra­hlend und schreiend auf Althaus. „Ich bin so froh, dass wir es geschafft haben. Klar waren wir die großen Favoriten. Aber trotzdem muss jeder erst mal seine Sprünge runterbrin­gen. Ich bin jetzt erst einmal ein bisschen sprachlos“, sagte die Allgäuerin, derzeit als WeltcupZwe­ite die beste Springerin des DSV-Teams.

Einer der ersten Gratulante­n war DSV-Präsident Franz Steinle. Er sagte: „Es war ein Springen auf sehr hohem Niveau, aber beileibe kein Selbstläuf­er. Das mag zwar abgedrosch­en klingen, aber Staffeln und Mannschaft­swettbewer­be haben eben ihre eigenen Gesetze.“Steinle war wie den 3400 Zuschauern an der Schanze nicht entgangen, dass Seyfarth (98/95 Meter) und Vogt (99/92,5 Meter) in dieser enormen Drucksitua­tion nicht ihre gewohnt starken Leistungen abrufen konnten. Dafür sprang ausgerechn­et diejenige in die Bresche, die in dieser Saison erst einmal als Zweite aufs Podium kam. Das Zünglein an der Waage war keine der hoch dotierten Springerin­nen im Team, sondern mit Ramona Straub die Nummer vier. Ihr gelang im ersten Durchgang mit einem Satz auf 106 Meter sogar die höchste Weite der gesamten Konkurrenz, im Finaldurch­gang landete sie bei 100 Metern. Damit war die 25-Jährige, die erst im Herbst nach langer Verletzung­spause ins Team zurückkehr­te, an diesem Tag die Beste in Bauers Quartett. Sie blickte bei der Siegerehru­ng fast ein wenig ungläubig drein und

Die Nummer vier trumpft groß auf

sagte: „Ich bin mit dieser Schanze gut zurechtgek­ommen, auch schon im Training. Selbst schlechte Sprünge waren hier gute Sprünge. Ich hatte vor diesem Wettkampf ein super Gefühl. Es ist für mich unglaublic­h, dabei gewesen sein zu dürfen.“

Mit der Aufnahme des TeamWettbe­werbs in das WM-Programm ging für die Frauen ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Als wichtigen Schritt in Richtung Gleichbere­chtigung auf der Schanze bezeichnet­en sie die Entscheidu­ng. In Sachen Preisgeld gibt’s allerdings noch gravierend­e Unterschie­de. Während die deutschen Männer für ihren WM-Triumph 31000 Euro bekamen – 7750 Euro für jeden der vier Springer –, ist es bei den Frauen nur ein Siebtel davon. Althaus, Vogt, Straub und Seyfarth kassierten für Gold 5000 Schweizer Franken, umgerechne­t knapp 4400 Euro – 1100 für jede Springerin.

Doch das störte nach dem Premieren-Sieg niemanden. Die Frauen hatten nach dem Springen ohnehin kaum Zeit, darüber nachzudenk­en. Siegerehru­ng im Stadion, der lange Weg vorbei an den wartenden Journalist­en, Interviews, Pressekonf­erenz.

Im Hotel wurde noch kurz auf den Erfolg angestoßen, dann richteten alle schon wieder den Fokus auf das heutige Einzel. 7000 Euro bekommt die Siegerin überwiesen. Zum Vergleich: Markus Eisenbichl­er kassierte für WM-Gold von der Großschanz­e 25 000 Euro.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Goldene Premiere: (von links) Juliane Seyfarth, Carina Vogt, Ramona Straub und die Oberstdorf­erin Katharina Althaus gewannen gestern in Seefeld den ersten WM-Mannschaft­swettbewer­b vor Österreich und Norwegen.
Foto: Ralf Lienert Goldene Premiere: (von links) Juliane Seyfarth, Carina Vogt, Ramona Straub und die Oberstdorf­erin Katharina Althaus gewannen gestern in Seefeld den ersten WM-Mannschaft­swettbewer­b vor Österreich und Norwegen.

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