Mittelschwaebische Nachrichten
Es ist wieder Zeit für die Brezenhurre
Am Gumpigen Donnerstag findet das Faschings-Highlight in Ziemetshausen statt
Ziemetshausen Es ist wieder soweit, die wohl einzigartige Brezenhurre steht am morgigen Gumpigen Donnerstag wieder an. Für Kindergartenund Schulkinder in Ziemetshausen ist es jedes Jahr der Höhepunkt der Faschingszeit, auch wenn das Rathaus diesmal teilweise einer Baustelle gleicht. Nach Begrüßung der Kinder und Besucher durch den Bürgermeister beten um 12 Uhr Mittag der Ortspfarrer und Geistliche von Maria Vesperbild mit den maskierten Kids und den zahlreichen Zuschauern am Rathausvorplatz den Englischen Gruß.
Dann haben die Zumba-Kinder von der Hyazinth-Wäckerle-Schule und eine Kindergruppe der musikalischen Früherziehung, beide unter Leitung von Natalija Volk, ihren großen Auftritt am Rathausplatz. Anschließend dürfen die Kinder das Rathaus von der Rückseite her „stürmen“. Im Flur werden ihnen von Geistlichkeit und Marktgemeinderäten Brezen und Würste überreicht. Mit dem Nahrhaften, bereits in Brotzeitbeutel oder Rucksack verstaut, verteilen sie sich dann unter den Fenstern des Rathauses und skandieren „Fenster auf, Brezga raus“. Die Fenster öffnen sich alsbald und, von Markträten geworfen, fliegen weitere Würste und Brezen in weitem Bogen in die wartende Menge. Jedes Kind möchte so viel wie möglich fangen, oft ziehen dabei aber die Kleinen den Kürzeren, weil sich Große (auch so manche Eltern!) ohne Rücksichtnahme vordrängen.
Dem Bürgermeister bleibt schlussendlich dann die undankbare Aufgabe, den Kindern mitzuteilen, dass die Vorräte zu Ende sind ein enttäuschtes „Oooooh“wird ihm aus unzähligen Kinderkehlen entgegen hallen. Auch die legendären Sieben Schwaben, die der Heimatverein vor etlichen Jahren hat wieder aufleben lassen, werden bei der Brezenhurre auftauchen und nicht nur den Hasen, ein zunächst vermutetes Ungetüm, durch die Straßen jagen. So darf man sich darauf freuen, was da am Mittag des „Gumpiga Doschtäg“wieder auf Kinder und die zahlreichen Zuschauer zukommt. Im Rathaus werden die Büroräume am Donnerstagnachmittag dann ausnahmsweise geschlossen bleiben.
Die Brezenhurre in Ziemetshausen existiert nachweislich seit Mitte des 17. Jahrhunderts. Ursprünglich Belohnung der Kinder, die am Palmsonntag den auf einem hölzer- nen Esel sitzenden Jesus durch die Pfarrkirche ziehen mussten, wurde diese Gabe später allen Kindern und auch armen Leuten zuteil. Historische Unterlagen belegen, dass damals „Hasenöhrle“, eine Art Schmalzgebackenes, vom Kirchenpatron gespendet wurden. Mit der Säkularisation ist der Brauch um 1805 eingeschlafen, nach dem 1. Weltkrieg wurde er in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts als Kinderspeisung von der Marktgemeinde wieder aufgegriffen. Man verteilte fortan am Gumpigen Donnerstag vor dem Rathaus Brezen an die damals wirklich armen Kinder. Zwischen den Kriegen müssen die Brezen wohl sehr trocken gewesen sein und so hat man fortan eine rote Wurst dazu gereicht.
Dies wurde bis zum heutigen Tag beibehalten, wobei sich der Brauch am Gumpigen Donnerstag in den letzten Jahrzehnten als besondere Gaudi zum Höhepunkt des Faschings für Schulkinder und die Kleinen aus dem Kindergarten entwickelt hat. Musikalische und tänzerische Darbietungen von Kindern und der Auftritt der 7 Schwaben bereichern seit einigen Jahren die Gaudi am Gumpigen Donnerstag und sorgen für ein wenn auch nur kurzes, aber umso mehr reges Treiben für Jung und Alt vor dem Rathaus.
Es begann mit Hasenöhrle