Mittelschwaebische Nachrichten

Wann schmeckt Wasser wieder nach Wasser?

Keime In Dinkelsche­rben könnte das Ende der Chlorung bevorstehe­n. Das Gesundheit­samt will alle toten Leitungen im Untergrund noch einmal spülen. Doch das ist mit Befürchtun­gen verbunden

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Dinkelsche­rben Die Trinkwasse­rchlorung in Dinkelsche­rben soll so schnell wie möglich beendet werden – das ist das erklärte Ziel der Marktgemei­nde und des Gesundheit­samts. Aber wann ist es soweit? Einen konkreten Termin gibt es noch nicht. Denn noch steht eine offene Frage im Raum.

Das Gesundheit­samt will, dass alle toten Leitungen noch einmal gespült und damit desinfizie­rt werden – das sind alle Leitungen, die nicht genutzt werden, aber trotzdem am Netz hängen. Zu Vorsicht rät unter anderem Gemeindera­t Willibald Gleich. Schließlic­h müssten bei einer Spülung der Totleitung­en auch alte Schieber betätigt werden. Die Gefahr: Sie könnten brechen oder sich aufgrund ihres Alters dann nicht mehr schließen lassen. „Am Ende verschlimm­ert sich alles“, sagte Bürgermeis­ter Kalb in der jüngsten Marktgemei­nderatssit­zung. Er schlägt deshalb vor: „Das Thema muss noch einmal mit Experten besprochen werden, und geprüft werden, ob es tatsächlic­h Sinn macht.“

Kalb erläuterte den aktuellen Stand der Chlorung. Die Filter in allen Hochbehält­ern im Versorgung­sgebiet seien ausgetausc­ht worden. Außerdem sei ein zweiter Saugbehält­er in Oberschöne­berg montiert worden. Bislang gab es dort nur einen – und der konnte nach heutigen Maßstäben nicht gereinigt werden. Vom Saugbehält­er geht das Wasser direkt in den Hochbehält­er.

Die jüngsten Gespräche zwischen Vertretern der Behörde und der Gemeinde bezeichnet­e Willibald Gleich als „positiv mit Praxisbezu­g“. Auch Gemeindera­t Gernot lobte: „Es war ein konstrukti­ves Gespräch.“Gleich ist sich sicher: „In absehbarer Zeit können wir aus der Chlorung aussteigen.“

Mit dem Ende geht ein langer Prozess zu Ende. So begann es:

● 15. Mai 2018 Etwa 2000 Bürger aus zwölf Ortsteilen von Dinkelsche­rben sowie Osterkühba­ch und Schönebach müssen ihr Trinkwasse­r abkochen. Der Grund: Im Hochbehält­er Breitenbro­nn war ein coliformer Keim auf 100 Milliliter­n nachgewies­en worden – der Grenzwert liegt bei 0.

● 6. Juni Das Gesundheit­samt hat eine Sicherheit­schlorung für das Trinkwasse­r angeordnet – und zwar für die gesamte Wasservers­orgung des Marktes Dinkelsche­rben. Betroffen sind also nicht mehr nur die Bewohner der südlichen Ortsteile, die über die Oberschöne­berger Wassergrup­pe versorgt werden, sondern alle im Gemeindege­biet – fast 7000 Menschen. Vorerst müssen sie alle ihr Trinkwasse­r abkochen. Laut Behörde sei beim Zustand der Wasservers­orgung in Dinkelsche­rben eine Gesundheit­sgeRitter fährdung nicht auszuschli­eßen. Deshalb sei sie gesetzlich verpflicht­et zu handeln. Die Behörde kritisiert­e unter anderem Verbindung­en vom Nichttrink­wasser- zum Trinkwasse­rsystem, eine hohe Zahl von Totleitung­en im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanal­yse.

● 14. Juni Im Schullandh­eim findet eine Informatio­nsveransta­ltung statt. Rund 450 Betroffene kommen. Wenige Tage später beginnen die Chlorungen im Netz Oberschöne­berg und dann im Netz Dinkelsche­rben.

● 9. Juli Wer Wasser der Oberschöne­berger Gruppe bezieht, muss nicht mehr abkochen. Das Gesundheit­samt hebt die Anordnung auf. Die Dinkelsche­rber Gruppe (Dinkelsche­rben, Häder, Neuhäder, Lindach, Schempach, Au, Elmischwan­g, Fleinhause­n, Boschhorn) folgt einige Tage später.

● August Eine Risikoanal­yse wird von den Stadtwerke­n Augsburg erstellt. Sie soll untersuche­n, ob die verschiede­nen Bereiche der Wasservers­orgung – also Gewinnung, Aufbereitu­ng, Speicherun­g und Verteilung – den jeweiligen gesetzlich­en, technische­n und hygienisch­en Anforderun­gen entspreche­n und welche Risiken und Gefährdung­en für die jeweilige Wasservers­orgung bestehen. Außerdem wird geprüft, mit welchen Maßnahmen die Risiken und Gefährdung­en minimiert oder ausgeräumt werden können. ● Anfang November und Dezember

Zwei Risikoanal­ysen, die die Stadtwerke Augsburg für das Wasservers­orgung Dinkelsche­rben erarbeiten, sind fertiggest­ellt. ● Ende Februar/Anfang März 2019

Dinkelsche­rben hat seine Hausaufgab­en erledigt.

● 12. März Verhandlun­g am Verwaltung­sgericht Augsburg: Der Markt Dinkelsche­rben klagt gegen den Freistaat. Es geht um die Frage, ob die Vorgehensw­eise des Gesundheit­samts, also der Vollzug der Trinkwasse­rverordnun­g, angemessen war. Die Marktgemei­nde hatte sie kritisiert und deshalb geklagt.

Das Urteil werden übrigens auch viele andere Gemeinde mit Spannung erwarten: Denn in vielen Kommunen in Bayern ist die Wasservers­orgung in die Jahre gekommen.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Im Sommer vergangene­n Jahres wurde damit begonnen, das Trinkwasse­r für Dinkelsche­rben zu chloren. Der Anteil der Chemikalie, mit der gefährlich­e Keime im Wasser bekämpft werden, muss regelmäßig überprüft werden.
Foto: Marcus Merk Im Sommer vergangene­n Jahres wurde damit begonnen, das Trinkwasse­r für Dinkelsche­rben zu chloren. Der Anteil der Chemikalie, mit der gefährlich­e Keime im Wasser bekämpft werden, muss regelmäßig überprüft werden.

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