Mittelschwaebische Nachrichten
Wann schmeckt Wasser wieder nach Wasser?
Keime In Dinkelscherben könnte das Ende der Chlorung bevorstehen. Das Gesundheitsamt will alle toten Leitungen im Untergrund noch einmal spülen. Doch das ist mit Befürchtungen verbunden
Dinkelscherben Die Trinkwasserchlorung in Dinkelscherben soll so schnell wie möglich beendet werden – das ist das erklärte Ziel der Marktgemeinde und des Gesundheitsamts. Aber wann ist es soweit? Einen konkreten Termin gibt es noch nicht. Denn noch steht eine offene Frage im Raum.
Das Gesundheitsamt will, dass alle toten Leitungen noch einmal gespült und damit desinfiziert werden – das sind alle Leitungen, die nicht genutzt werden, aber trotzdem am Netz hängen. Zu Vorsicht rät unter anderem Gemeinderat Willibald Gleich. Schließlich müssten bei einer Spülung der Totleitungen auch alte Schieber betätigt werden. Die Gefahr: Sie könnten brechen oder sich aufgrund ihres Alters dann nicht mehr schließen lassen. „Am Ende verschlimmert sich alles“, sagte Bürgermeister Kalb in der jüngsten Marktgemeinderatssitzung. Er schlägt deshalb vor: „Das Thema muss noch einmal mit Experten besprochen werden, und geprüft werden, ob es tatsächlich Sinn macht.“
Kalb erläuterte den aktuellen Stand der Chlorung. Die Filter in allen Hochbehältern im Versorgungsgebiet seien ausgetauscht worden. Außerdem sei ein zweiter Saugbehälter in Oberschöneberg montiert worden. Bislang gab es dort nur einen – und der konnte nach heutigen Maßstäben nicht gereinigt werden. Vom Saugbehälter geht das Wasser direkt in den Hochbehälter.
Die jüngsten Gespräche zwischen Vertretern der Behörde und der Gemeinde bezeichnete Willibald Gleich als „positiv mit Praxisbezug“. Auch Gemeinderat Gernot lobte: „Es war ein konstruktives Gespräch.“Gleich ist sich sicher: „In absehbarer Zeit können wir aus der Chlorung aussteigen.“
Mit dem Ende geht ein langer Prozess zu Ende. So begann es:
● 15. Mai 2018 Etwa 2000 Bürger aus zwölf Ortsteilen von Dinkelscherben sowie Osterkühbach und Schönebach müssen ihr Trinkwasser abkochen. Der Grund: Im Hochbehälter Breitenbronn war ein coliformer Keim auf 100 Millilitern nachgewiesen worden – der Grenzwert liegt bei 0.
● 6. Juni Das Gesundheitsamt hat eine Sicherheitschlorung für das Trinkwasser angeordnet – und zwar für die gesamte Wasserversorgung des Marktes Dinkelscherben. Betroffen sind also nicht mehr nur die Bewohner der südlichen Ortsteile, die über die Oberschöneberger Wassergruppe versorgt werden, sondern alle im Gemeindegebiet – fast 7000 Menschen. Vorerst müssen sie alle ihr Trinkwasser abkochen. Laut Behörde sei beim Zustand der Wasserversorgung in Dinkelscherben eine GesundheitsgeRitter fährdung nicht auszuschließen. Deshalb sei sie gesetzlich verpflichtet zu handeln. Die Behörde kritisierte unter anderem Verbindungen vom Nichttrinkwasser- zum Trinkwassersystem, eine hohe Zahl von Totleitungen im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanalyse.
● 14. Juni Im Schullandheim findet eine Informationsveranstaltung statt. Rund 450 Betroffene kommen. Wenige Tage später beginnen die Chlorungen im Netz Oberschöneberg und dann im Netz Dinkelscherben.
● 9. Juli Wer Wasser der Oberschöneberger Gruppe bezieht, muss nicht mehr abkochen. Das Gesundheitsamt hebt die Anordnung auf. Die Dinkelscherber Gruppe (Dinkelscherben, Häder, Neuhäder, Lindach, Schempach, Au, Elmischwang, Fleinhausen, Boschhorn) folgt einige Tage später.
● August Eine Risikoanalyse wird von den Stadtwerken Augsburg erstellt. Sie soll untersuchen, ob die verschiedenen Bereiche der Wasserversorgung – also Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung und Verteilung – den jeweiligen gesetzlichen, technischen und hygienischen Anforderungen entsprechen und welche Risiken und Gefährdungen für die jeweilige Wasserversorgung bestehen. Außerdem wird geprüft, mit welchen Maßnahmen die Risiken und Gefährdungen minimiert oder ausgeräumt werden können. ● Anfang November und Dezember
Zwei Risikoanalysen, die die Stadtwerke Augsburg für das Wasserversorgung Dinkelscherben erarbeiten, sind fertiggestellt. ● Ende Februar/Anfang März 2019
Dinkelscherben hat seine Hausaufgaben erledigt.
● 12. März Verhandlung am Verwaltungsgericht Augsburg: Der Markt Dinkelscherben klagt gegen den Freistaat. Es geht um die Frage, ob die Vorgehensweise des Gesundheitsamts, also der Vollzug der Trinkwasserverordnung, angemessen war. Die Marktgemeinde hatte sie kritisiert und deshalb geklagt.
Das Urteil werden übrigens auch viele andere Gemeinde mit Spannung erwarten: Denn in vielen Kommunen in Bayern ist die Wasserversorgung in die Jahre gekommen.