Mittelschwaebische Nachrichten
Närrischer Fußball in Zeiten des Karnevals
Behaupte keiner, er könne Fußball erklären. Schon gar nicht in Zeiten des Karnevals. Selbst in der schwäbischen Faschingsdiaspora, in der es nur selten zur Überschneidung von Fußball und Frohsinn kommt, schütteln die Narren verwundert den Kopf über die Art, in der ihr FC Augsburg durch die Bundesliga zieht.
Was ist eigentlich zwischen dem desaströsen Freiburg-Auftritt und dem hingebungsvoll erkämpften Triumph gegen Dortmund passiert? Wie, frägt der Narr, kann ein gerupftes FCA-Aufgebot einem Meisterschaftsanwärter den Nerv ziehen? Und warum haben Baums Kicker im Schwarzwald nicht genauso leidenschaftlich gespielt wie am Freitag in Augsburg? Ganz einfach: Weil alles immer wieder bei Null beginnt. Weil es ein Spiel ist. Unberechenbar und eigenwillig. Weil es von Menschen gespielt wird: unberechenbaren und eigenwilligen.
Ein wenig lässt sich dennoch vorhersagen. Erst recht jetzt, zum Countdown der letzten zehn Spieltage. Beispielsweise kann man inzwischen getrost sein KatscheSchwarzenbeck-Autogramm von 1974 darauf setzen, dass der FC Bayern am Saisonende mit der Meisterschale vom Rathausbalkon grüßt. Dortmund hat den Faden verloren. Warum? Weil er dünn war. Viel hängt beim BVB an Marco Reus. Ohne ihn fehlen der Mannschaft Geist und Glaube an sich selbst. Augenblicklich reicht es auch mit Reus nicht. Dortmund ist zwar noch spitze, aber nur auf dem Papier. Man muss kein Narr sein um vorauszusehen, dass die Münchner in den nächsten Wochen die PolePosition stürmen. Sie haben ihre Krise genommen, als sie zu verkraften war. In Mönchengladbach waren sie unverkennbar im Meisterschaftsmodus.
Vor einem Jahr folgte ihnen der FC Schalke, angeführt von einem Trainer-Wunderknaben. Domenico Tedesco ist entzaubert, Manager Christian Heidel abgesprungen, die Mannschaft zugrunde gerichtet. Nun der Tiefpunkt: Schalke zu Hause von völlig jecken Düsseldorfern an die Wand gespielt. Sage jetzt keinem Schalker es sei Karneval und das Ganze wäre nur ein Spiel. Für Domenico Tedesco dürfte es noch diese Woche ausgespielt sein. Darauf kann man getrost ein Klaus-Fischer-Autogramm verwetten.