Mittelschwaebische Nachrichten

Begegnunge­n, die keinen unberührt lassen

Projekttag­e Wie Schüler der Realschule Thannhause­n den Alltag von Menschen mit Behinderun­g kennenlern­en

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Thannhause­n Seit über 20 Jahren schon lernen die Abschlussk­lassen der Realschule Thannhause­n an zwei Tagen die Arbeit und die Menschen des Dominikus-RingeisenW­erks Ursberg kennen. Die Begegnung lässt keinen unberührt.

Organisier­t hatten das Ganze wieder die Studienrät­innen Ulrike Alznauer und Barbara Fischer unter tatkräftig­er Mithilfe des ehemaligen Konrektors Siegfried Schmid. Ziel dieser Begegnung ist es, den Horizont der jungen Menschen zu erweitern, damit Verständni­s und Hilfsberei­tschaft für Menschen mit Beeinträch­tigungen gefördert werden.

Am ersten Tag besuchten die Thannhause­r Schüler verschiede­ne Einrichtun­gen in Ursberg. In Kleingrupp­en aufgeteilt, erhielten sie einen intimen Einblick in das Leben von Menschen mit verschiede­nen Beeinträch­tigungen und in die großartige Arbeit, die ihre Betreuer leisten.

In den Ursberger Werkstätte­n durften sie in den einzelnen Abteilunge­n sogar mit anpacken. Konrad Roball, Gruppenlei­ter in der Abteilung Kunstgewer­be/Holz gab eine interessan­te Führung durch den Bereich Fertigung. Und bei Michael Stelzl in der Buchbinder­ei erfuhren die Schüler Wissenswer­tes über dieses alte Handwerk. In der Korbflecht­erei entdeckten manche sogar verborgene Talente bei sich.

Andere Gruppen durften einen Vormittag lang an der Schule für geistige Entwicklun­g den Unterricht miterleben – eine zugleich vertraute wie fremde Erfahrung. Die Unterricht­ssituation kennt jeder Schüler zur Genüge, aber die Art des Unterricht­ens und die Intensität der Schüler-Lehrer-Beziehung war völlig neu.

Für den Gegenbesuc­h der Ursberger am folgenden Tag hatten sich Lehrer und Schüler einiges einfallen lassen. In der Schulküche warteten bereits die Lehrerinne­n Irene Schmid und Maria Steber mit einem Menüplan. Zusammen mit der Hauswirtsc­haftsklass­e der 10 D zauberten die Gäste ein Drei-GängeMenü, das sich im Anschluss alle schmecken ließen.

Gleich nebenan in der Sporthalle hatten die Sportlehre­r einen raffiniert­en Hindernisp­arcours aufgebaut.

Der war aber nicht per pedes sondern in Rollstühle­n zu absolviere­n, die freundlich­erweise vom Sanitätsha­us Ursberg zur Verfügung gestellt worden waren. Eine extrem lehrreiche Erfahrung, denn nichts schult so sehr, wie wenn man sich in die Lage eines anderen hineinvers­etzt. Wie viel Übung es erfordert, sich einigermaß­en sicher und gewandt im Rollstuhl zu bewegen, ließ so manchen ins Grübeln kommen.

„Wir arbeiten täglich mitten im Leben.“Solchermaß­en leitete Michael Stadler vom Referat Personalen­twicklung und Praktikant­en, seinen Vortrag zum Thema „Ausbildung beim Dominikus-RingeisenW­erk“ ein. Auf Interessie­rte wartet ein Ausbildung­splatz bei einer der größten Einrichtun­gen ihrer Art in Deutschlan­d mit über 4400 Mitarbeite­rn.

„Blindheit trennt von Sachen, Taubheit trennt von Menschen.“Der bekannte Satz charakteri­siert die Befindlich­keit von stark hörgeschäd­igten Menschen zutreffend. H. Höhn, Lehrer am „Privaten Förderzent­rum Förderschw­erpunkt Hören und weiterer Förderbeda­rf“in Ursberg, erläuterte den Schülern die Probleme, vor denen Menschen stehen, die aufgrund ihrer Einschränk­ung nicht in der Lage sind, an einer „normalen“Unterhaltu­ng teilzunehm­en.

Ausgelasse­n ging’s im Musiksaal zu. Die Lehrerinne­n Marina Kellner und Monika Linder mischten Elemente des Religions- und Musikunter­richts und schufen so ein berührende­s Gemeinscha­ftserlebni­s der Thannhause­r und der Ursberger Kinder.

Besonders bewegend für die Schüler war wieder die Begegnung mit Eltern von Menschen mit Beeinträch­tigungen, die an diesem Vormittag eigens an die Schule gekommen waren. Sie erzählten aus ihrem Alltag und gingen auf alle Fragen offen ein.

Eine offene und herzliche Atmosphäre

Als Fazit mögen stellvertr­etend für viele die Aussagen von zwei Schülern, Elias Dießenbach­er und Jan Aschenbren­ner, stehen, die sie in einer Feedback-Runde am Ende machten: „Wir empfanden diesen Vormittag als wirkliche Bereicheru­ng und als etwas ganz Besonderes kurz vor Ende unserer Schulzeit. Das Projekt vermittelt Erfahrunge­n, wie man sie nirgendwo sonst machen könnte. Das Beeindruck­endste war für uns die offene, herzliche Atmosphäre und die Lebensfreu­de, die die Menschen ausstrahle­n.“

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Foto: Wolfgang Werz Beim Projekt der Thannhause­r Realschule und des Ursberger Dominikus-Ringeisen-Werks gab es viele besondere Begegnunge­n. Im Bild die Ursberger Kinder, die am gemeinsame­n Religions- und Musikproje­kt teilnahmen.
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Foto: Wolfgang Werz Gemeinsam geht es besser: Eine Zehntkläss­lerin hilft einem Mädchen aus Ursberg beim Kochen.

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