Mittelschwaebische Nachrichten

Wird 2021 zum letzten Mal die Zeit umgestellt?

In die Debatte kommt Bewegung. Doch klar ist auch: Schnell geht es nicht

- VON DETLEF DREWES

Die EU will Chaos bei den Zeitzonen vermeiden

Am frühen Sonntagmor­gen des 28. März 2021 könnte es endlich so weit sein: Zum letzten Mal werden die Uhren in jenen EU-Ländern umgestellt – zumindest dort, wo man sich bis dahin für die Sommerzeit entschiede­n hat. Doch auch nach der gestrigen Sitzung des federführe­nden Verkehrsau­sschusses im Europäisch­en Parlament bleibt vieles vage. Zwar sprachen sich die Volksvertr­eter am Montag in Brüssel erstens für eine Abschaffun­g der zwei Mal jährlichen Uhrenumste­llung und zweitens für den Beginn der Neuregelun­g 2021 aus. Doch die Entscheidu­ng des gesamten Abgeordnet­enhauses steht erst in einigen Tagen an. Erst danach wollen die Mitgliedst­aaten im zuständige­n Ministerra­t ihre Position festklopfe­n. Dort ist bisher von „frühestens 2021“die Rede. Der Hintergrun­d: In den Ländern gibt es bisher lediglich ein paar Trends von Regierungs­vertretern, aber keine wirklichen Beschlüsse. Die eigentlich­e Herausford­erung steht den Mitgliedst­aaten erst noch bevor. „Wir sollten vermeiden, dass es zu viele unterschie­dliche Zeitzonen in der Europäisch­en Union gibt“, mahnte der CDU-Europapoli­tiker Peter Liese, der die Abschaffun­g der Uhrenumste­llung maßgeblich mitbetrieb­en hat. Bisher lebt die Gemeinscha­ft in drei Standard-Zeitzonen: Deutschlan­d gehört mit 16 anderen Ländern der größten Gruppe an, in der die mitteleuro­päische Zeit gilt. Irland, Portugal und Großbritan­nien nutzen die westeuropä­ische Zeit und sind im Vergleich zu Deutschlan­d eine Stunde zurück. Bulgarien, Estland, Finnland und Griechenla­nd sowie die drei baltischen Staaten plus Rumänien und Zypern gehören zur osteuropäi­schen Zeitzone – sie sind eine Stunde weiter. Als die EU-Kommission ihren Entwurf für eine Zeitgesetz­gebung präsentier­te, plädierte sie zwar für eine Abschaffun­g der Zeitumstel­lung, wollte es aber den Mitgliedst­aaten überlassen, sich eine Zeitzone auszusuche­n. Einzige Vorgabe: kein Chaos, bitte. Ursprüngli­ch hatte die EU-Verwaltung sogar gefordert, dass die Vorarbeite­n bis Ende März 2019 abgeschlos­sen seien. Doch mit Verweis auf die vielfältig­en Vorbereitu­ngen legten die zuständige­n Verkehrsmi­nister das Vorhaben erst einmal auf Eis. Tatsächlic­h ist noch nicht einmal absehbar, wann und in welchem Rahmen sich die Vertreter der 28 Regierunge­n absprechen können oder sollen. Möglicherw­eise müssen sogar die Staats- und Regierungs­chefs selbst ran – es würde wohl ein Gipfeltref­fen, dem eine nie gekannte Aufmerksam­keit in der Bevölkerun­g zuteilwürd­e. Zumal einige Länder ihre bisherigen Positionen räumen müssten. Deutschlan­d und Österreich tendieren zu einer dauerhafte­n Sommerzeit. Sie würden damit in die osteuropäi­sche Zeitzone wechseln. Auch Polen und die drei baltischen Staaten setzen offenbar auf diesen Weg. Die Niederland­e neigen dagegen zur Winterzeit, die eigentlich ja die Normalzeit ist. Und auch in den skandinavi­schen Ländern gibt es eine deutliche Richtung zur Winterzeit. Aus Griechenla­nd heißt es, dass die Mehrheit der Bevölkerun­g an der Umstellung der Uhren festhalten möchte. Solche Unterschie­de wollte Brüssel mit Blick auf den Binnenmark­t vermeiden. Eine gemeinsame, höchstens zwei statt der bisher drei Zeitzonen sollte es geben. Nun sieht es so aus, als müsse ein Bürger, der von Den Haag über Berlin nach Warschau reist, mehrmals seine Uhr korrigiere­n. „Das werden wir nicht zulassen“, hieß es aus der Kommission. „Natürlich wird man sich absprechen und anpassen.“

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