Mittelschwaebische Nachrichten

Wer verdient was?

Acht Prozent mehr im Öffentlich­en Dienst: Was das Tarifverha­ndlungserg­ebnis in der Praxis für Beschäftig­te bedeutet

- Basil Wegener, dpa

Verdi-Chef Frank Bsirske sprach nach dem Tarifabsch­luss für den Öffentlich­en Dienst der Länder von „spektakulä­ren Attraktivi­tätsverbes­serungen für einzelne Berufsgrup­pen“. Am Wochenende hatten sich Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­r auf acht Prozent mehr Lohn für die Angestellt­en im Öffentlich­en Dienst geeinigt – für alle Bundesländ­er außer Hessen, das nicht mehr zur Tarifgemei­nschaft gehört. Die mehrstufig­e Gehaltserh­öhung hat eine Laufzeit von 33 Monaten. Doch was bedeutet der Abschluss für Angestellt­e und Beamte konkret? Einige Beispiele aus der Praxis: ● Erzieher Mit neun Berufsjahr­en kommt eine Erzieherin im Landesdien­st, die Vollzeit arbeitet, bislang auf 3159 Euro brutto. Durch die Tarifeinig­ung von Potsdam bekommt sie laut Verdi rückwirken­d zum 1. Januar 103 Euro mehr, nämlich 3262 Euro. Nach zwei weiteren Erhöhungen erreicht sie zum 1. Januar kommenden Jahres 3583 Euro – insgesamt also 424 Euro mehr. ● Sozialarbe­iter Ein Sozialarbe­iter bekommt mit neun Berufsjahr­en 3663 Euro. Rückwirken­d zum 1. Januar erhält er 110 Euro mehr – nach zwei weiteren Erhöhungen 4158 Euro im Monat, was ein Plus von knapp 500 Euro brutto bedeutet. ● Wasserwerk­er Der Leiter eines Sperrwerks mit dreijährig­er Ausbildung, also eines Sperrbauwe­rks in einem Fluss mit schwankend­en Wasserstän­den, etwa bekommt 2952 Euro. Nach der insgesamt dreistufig­en Erhöhung kommt er in zwei Jahren auf 3197 Euro – 245 Euro mehr. Bei einem Wasserbaua­rbeiter steigert sich der Lohn von 2750 auf 2990 Euro brutto – 240 Euro mehr. ● Übertarifl­ich Beschäftig­te Die Bezahlung richtet sich nicht nur nach den nun geänderten Tabellen und der vereinbart­en Erhöhung. Es gibt auch individuel­le Unterschie­de – je nach Arbeitsver­trag. Die Arbeitgebe­r versuchen – zum Leidwesen der Gewerkscha­ften – Beschäftig­te in besonders gefragten Berufen mit übertarifl­ichen Zulagen zu gewinnen, etwa IT-Fachkräfte. ● Beamte Die Gewerkscha­ften fordern, dass die Arbeitgebe­r den Abschluss für die rund eine Million Angestellt­en der Länder auf rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgung­sempfänger übertragen sollen. Der bayerische Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) hat dies für den Freistaat bereits angekündig­t. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund kritisiert, die Länder hätten die jüngsten Tarifabsch­lüsse oft nur teilweise auf die Beamten übertragen. So seien Lücken entstanden, sagte ein Sprecher. Zudem gibt es Unterschie­de bei der Beamtenbes­oldung zwischen den Ländern, wie etwa der DGBBesoldu­ngsreport 2019 zeigt. ● Lehrer Eine neu verbeamtet­e Lehrkraft in Rheinland-Pfalz (A13, Eingangsst­ufe) bekommt demnach mit 44 940 Euro brutto jährlich etwa 8300 Euro weniger als ihre Kollegen in Bayern und knapp 6000 Euro weniger als in Nordrhein-Westfalen. ● Polizist Eine neu verbeamtet­e Polizeimei­sterin in Niedersach­sen bekommt demnach mit 27527 Euro jährlich etwa 2660 Euro weniger als vergleichb­are Beamtinnen und Beamte in Bayern und knapp 1100 Euro weniger als in Baden-Württember­g. Bayern und der Bund haben die Tarifergeb­nisse zuletzt in der Regel auf die Besoldung ihrer Beamtensch­aft übertragen. Ansonsten aber sei eine „über Jahre andauernde Sparpoliti­k der Gesetzgebe­r“zu kritisiere­n, so der DGB-Report. Deshalb müssten sich immer häufiger die Gerichte damit befassen, ob die Besoldungs­regelungen einzelner Dienstherr­en verfassung­skonform seien. Dem Bundesverf­assungsger­icht liegen demnach Besoldungs­regelungen mehrerer Länder zur Prüfung vor. Bayern ist nicht darunter.

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Foto: Mohssen Assanimogh­addam, dpa Im Öffentlich­en Dienst hat sich der Arbeitskam­pf gelohnt: Der Abschluss bringt ein paar hundert Euro brutto im Monat mehr.

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