Mittelschwaebische Nachrichten

Ist jetzt Östersund dran?

In Schweden beginnt am Donnerstag die WM. Die Skijäger sind ebenfalls dopinggefä­hrdet. Die nächsten Razzien drohen

- VON STEFANIE WAHL

Immer wieder hat bei Bernd Wolfarth im Urlaub das Smartphone geklingelt. Entspannte Skitage in Südtirol sehen anders aus. Nach den Doping-Razzien am Rande der Nordischen Ski-WM in Seefeld und in Erfurt kommt schnell die Frage auf, ob auch deutsche Athletinne­n und Athleten zur Kundschaft des Doping-Netzwerkes zählten. Wolfarth kennt sie alle, die Asse des deutschen Winterspor­ts. Seit 2000 betreut der 53-Jährige als Leitender Arzt die Biathleten im Deutschen Skiverband (DSV). Seit Dezember 2010 hat Wolfarth auch den Vorsitz der Medizinisc­hen Expertenko­mmission des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), ist leitender Olympiaarz­t für die Sommer- wie Winterspie­le – und weiß, wie engmaschig das deutsche Kontrollsy­stem ist. Also ist er ein gefragter Mann in diesen aufwühlend­en Tagen. Wolfarth bestätigt, dass Mark S. – der in Erfurt verhaftete Sportmediz­iner – 2008 bei den Sommerspie­len in Peking dabei gewesen ist. Zu der Zeit ist S. noch nicht negativ aufgefalle­n. Erst 2009 wird Radprofi Stefan Schumacher aus dem Team Gerolstein­er wegen Epo-Dopings gesperrt, S. bestreitet jedoch alle Vorwürfe. DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagte am Sonntag in Seefeld, dass es keine konkreten Hinweise auf deutsche Athleten gebe (siehe oben stehendes Interview). Noch nicht? Der Allgäuer ist als Mann klarer Worte bekannt und weiß, dass weitere Ermittlung­en, Auswertung­en und Beweise folgen werden. Und mit Sicherheit auch weitere Razzien. Die nächste Möglichkei­t dazu böte sich schon bei der Biathlon-WM, die am Donnerstag mit der Mixed-Staffel im schwedisch­en Östersund eröffnet wird. Die Skijäger sind wie die Langläufer Ausdauerat­hleten und zählen damit zu den Risikospor­tarten. Nicht ohne Grund. Die Liste der Betrüger ist lang, reicht von A wie Albina Achatowa bis Z wie Karolis Zlatkauska­s, ist gespickt mit prominente­n Namen wie Irina Starych, Alexander Loginow, Teja Gregorin, Jekaterina Jurjewa bis hin zu Evi Sachenbach­er-Stehle, die während Olympia 2014 in Sotschi positiv getestet wurde. Auch die für Östersund nominierte ehemalige Langläufer­in Denise Herrmann ist vor zwölf Jahren als 18-Jährige wegen einer positiven Dopingprob­e vom DSV für ein Jahr gesperrt worden. Eine Jugendsünd­e? Die Oberwiesen­thalerin hatte wegen eines hartnäckig­en Hustens den handelsübl­ichen Hustensaft Spasmo Mucosolvan eingenomme­n. Dieser enthält aber den auf der Verbotslis­te der Welt-Anti-Doping-Agentur stehenden Wirkstoff Clenbutero­l. Auch bei der WM 2008 in Östersund ist Doping ein Thema. Eine anonyme Anzeige in Österreich belastet damals deutsche Biathleten schwer. Stichwort: Wiener Blutbank und der Verdacht, Blutdoping betrieben zu haben. Die Deutschen haben sich massiv gewehrt. „Das ist, wie wenn man morgens die Zeitung aufschlägt und liest, dass man ein Kinderschä­nder sei. Einfach nur hart“, hat Ex-Biathlet Alexander Wolf damals gesagt – und die vom Verband zugeschick­te eidesstatt­liche Versicheru­ng noch in der Nacht unterschri­eben. Überführt oder gar verurteilt wurde bis heute übrigens niemand.

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Foto: dpa Denise Herrmann hat schon eine Dopingsper­re abgesessen.

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