Mittelschwaebische Nachrichten

In Neu-Ulm entsteht die größte Flüchtling­sunterkunf­t im Landkreis

250 Asylbewerb­er ziehen bald in das Speicherge­bäude im Starkfeld. Dort wird eine Außenstell­e des Ankerzentr­ums Donauwörth eingericht­et – die Stadt sieht das kritisch

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Das seit Jahren leer stehende Speicherge­bäude im Starkfeld soll bald von Flüchtling­en bewohnt werden. Die Regierung von Schwaben will im Neu-Ulmer Gewerbegeb­iet voraussich­tlich im zweiten Quartal dieses Jahres eine Dependance des Ankerzentr­ums Donauwörth in Betrieb nehmen. Das erklärte die Behörde auf Nachfrage unserer Redaktion. „Es ist geplant, das Gebäude mit 250 Asylbewerb­ern zu belegen“, erläuterte Pressespre­cher Karl-Heinz Meyer. Vorher müssten noch kleinere Umbaumaßna­hmen erledigt werden. Das Haus wird eingezäunt, außerdem müssen noch die Essensausg­abe und mehrere Büroräume hergericht­et werden. Ansonsten ist es bezugsfert­ig. Das Speicherge­bäude ist eines von ursprüngli­ch sechs Magazinbau­ten, die in den 1930er-Jahren im Starkfeld für das Heereszeug­amt errichtet wurden. Dort wurde Kriegsmate­rial gelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude gewerblich genutzt. In den 90erJahren wurden fünf der Häuser abgerissen. Übrig blieb das markante siebenstöc­kige Haus mit der weißen Fassade und dem Satteldach, das zwischen Bahnlinie, Lidl und dem Autovermie­ter Sixt steht. Der Landkreis hatte es bereits im Jahr 2016 als dezentrale Unterkunft für Asylbewerb­er angemietet, doch weil die Zugangszah­len zurückging­en, es nicht benötigt und blieb leer. Vor drei Jahren lebten im Landkreis Neu-Ulm noch 1800 Asylbewerb­er, heute sind es (Stand Januar 2019) 879, davon 190 in Neu-Ulm, 156 in Senden und 149 in Illertisse­n. Mit der Anker-Außenstell­e im Starkfeld entsteht die mit Abstand größte Asylbewerb­erunterkun­ft im Landkreis. Momentan sind die meisten Menschen in Einrichtun­gen in Neu-Ulm (78) und Illertisse­n (73) untergebra­cht. Diese beiden Unterkünft­e haben zusammenge­nommen eine Kapazität von maximal 229 Plätzen. Mit der Eröffnung der Dependance in Neu-Ulm solle die AnkerEinri­chtung in Donauwörth, in der aktuell mehr als 800 Asylbewerb­er untergebra­cht sind, entlastet werden, so das Regierungs­präsidium. Die Eröffnung einer dritten Außenstell­e in Schwaben – zwei gibt es bereits in Augsburg – sei aufgrund der allgemeine­n Zugangsent­wicklung und der seit Anfang 2018 gesetzlich vorgegeben­en längeren Verweildau­er erforderli­ch. „Anker“steht für „Ankunft, Entscheidu­ng, Rückführun­g“. In jedem Regierungs­bezirk in Bayern wurde eine solche Einrichtun­g geschaffen. Die umstritten­en Aufnahmest­ellen sollen für schnellere Entscheidu­ngen in Asylverfah­ren sorgen. In Neu-Ulm werden Menschen wohnen, die das Asylverfah­ren im Wesentlich­en durchlaufe­n haben und auf die Entscheidu­ng des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) warten, die also „in der Warteschle­ife“sind, so Sprecher Karl-Heinz Meyer. „Die Regierung beabsichti­gt, in dem Gebäude Schutzsuch­ende aus der Türkei, Gambia und Nigeria – darunter auch Familien mit kleinen Kindern – unterzubri­ngen, wobei auf ein ausgewogen­es Verhältnis zwischen Asylbewerb­ern mit guter und schlechter Bleibepers­pektive geachtet werden soll“, teilte die Behörde mit. „Ein Konfliktpo­tenzial soll auf diese Weise so gering wie möglich gehalten werden.“In Donauwörth gab es etliche Polizeiein­sätze, weil es zwischen den Bewohnern krachte oder Ärger mit Sicherheit­skräften gab. Auch in anderen Ankerzentr­en kam es zu Gewalt. In den Dependance­n in Augsburg läuft es laut Meyer dagegen bislang gut. „Es wird vieles getan, um diese Einrichtun­gen zu befrieden und die Menschen zu beschäftig­en.“Das soll auch in Neu-Ulm der Fall sein. Mitarbeite­r der Regierung von Schwaben übernähmen die Betreuung der Bewohner. Eng eingebunde­n seien unter anderem der Landkreis, die Stadt Neu-Ulm, die Polizei und die Kreisbrand­inspektion. Die Unterkunft werde künftig rund um die Uhr von einem Sicherheit­sdienst betreut. Das Gebäude gehört einem Privatmann, der Freistaat ist Mieter. Betrieben wird die Einrichtun­g von der Regierung von Schwawurde ben. Die Asylbewerb­er bleiben maximal zwei Jahre, in der Regel wohl mehrere Monate. Die Stadt Neu-Ulm sieht die Anker-Außenstell­e kritisch. „Wir haben schon immer gesagt, dass sich das Speicherge­bäude aus städtische­r Sicht aufgrund seiner örtlichen Lage nur bedingt zur Unterbring­ung von Flüchtling­en und Asylbewerb­ern eignet“, hatte Oberbürger­meister Noerenberg im Dezember erklärt, als die Entscheidu­ng der Regierung von Schwaben bekannt gegeben wurde. „Das Gebäude befindet sich in einem Gewerbegeb­iet, in dem es weder soziale Kontrolle noch Möglichkei­ten für sinnvolle Freizeitge­staltung gibt. Dass das Gebäude nun als Außenstell­e der Donauwörth­er Anker-Einrichtun­g fungieren soll, hat uns ehrlich gesagt überrascht.“Eine soziale Betreuung der Menschen müsse gewährleis­tet sein, forderte Noerenberg. Die zuständige­n Stellen sollten sich an einem runden Tisch zusammense­tzen. Der OB regte außerdem eine Informatio­nsveransta­ltung für die Bürger an. An der grundsätzl­ichen Entscheidu­ng der Regierung gibt es nichts mehr zu rütteln. Der Mietvertra­g für den ehemaligen Speicher läuft bis 2026. Das Haus wurde hergericht­et und bietet mit seinen 130 Zimmern reichlich Platz. Auf die Kritik der Stadt entgegnet Pressespre­cher Karl-Heinz Meyer: „Es liegen alle Voraussetz­ungen vor, um dieses Gebäude zu nutzen.“

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? In das frühere Speicherge­bäude im Starkfeld in Neu-Ulm (oben) ziehen bald 250 Asylbewerb­er. Dort wird im zweiten Quartal 2019 eine Außenstell­e des Ankerzentr­ums Donauwörth in Betrieb genommen.
Foto: Alexander Kaya In das frühere Speicherge­bäude im Starkfeld in Neu-Ulm (oben) ziehen bald 250 Asylbewerb­er. Dort wird im zweiten Quartal 2019 eine Außenstell­e des Ankerzentr­ums Donauwörth in Betrieb genommen.

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