Mittelschwaebische Nachrichten
Kampf gegen Tierquälerei
Aber Ministerium hat noch keine Verbotsliste
ist da noch gar nix“, sagt Gerlach wenige Minuten vorher. Schauspieler, roter Teppich und Blitzlichtgewitter – für die junge Rechtsanwältin vom Untermain noch eine fremde Welt, wie sie selbst offen einräumt. Jetzt gilt es, überall Kontakte zu knüpfen und einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen bei Filmschaffenden, Computer-Nerds und Wissenschaftlern.
„Die Erwartungshaltung ist riesig“, sagt Gerlach. Und das politische Eis dünn für den Regierungsneuling: „Ein falsches Wort, und man ist verratzt.“Wie schnell es gehen kann, hat Gerlach gleich im November lernen müssen – als sie offen und ehrlich einräumte, Digitalisierung sei bisher nicht gerade ihr Spezialbereich gewesen. Schnell senkten sich vor allem in den digitalen Medien die Daumen. Manche Attacken seien weit unter die Gürtellinie gegangen, erzählt Gerlach. „Man muss als CSU-Ministerin aber wohl damit leben, dass man für einen Teil der Bevölkerung ein Feindbild ist.“
Aus dem Konzept bringen lässt sich die neue Ministerin davon aber nicht: „Fränkisch-pragmatisch“schätzt sie sich selbst ein. Und so geht sie die neue Aufgabe an: Weil sie weder einen großen Behördenapparat noch einen großen Etat hat, sieht sie ihren Job vor allem „im kommunikativen Bereich“. Mit der Bevölkerung offen über Chancen und Risiken der Digitalisierung sprechen, ist ein Ziel ihrer Arbeit.
Auch innerhalb der Regierung sieht Gerlach ihre Aufgabe vor allem in der Koordination. Schließlich ist fast jedes Fachressort irgendwie mit Digitalisierung befasst: Um Cybersicherheit kümmert sich der Innenminister. Um das digitale Klassenzimmer das Kultusministerium. Den Breitbandausbau soll der Finanzminister vorantreiben, Funklö- cher der Wirtschaftsminister schließen. Was bleibt da für die Digitalministerin? „Wir sind die digitale Denkfabrik der Staatsregierung“, antwortet Gerlach. Ein Haus, das wichtige Fragen stellt, Menschen zusammenführt, Ideen transportiert. „Natürlich müssen alle mitmachen“, räumt sie ein – aber eine Regierung sei ja kein NullsummenSpiel, bei dem ein Ressortchef nur auf Kosten der anderen glänzen meines Lebens“, sagt sie. Am Anfang hatte sie keine Mitarbeiter, kein Büro, nicht einmal Stühle. „Am ersten Tag habe ich gedacht, ich bin im falschen Film.“
Inzwischen ist das Ministerium in schlichte Büroräume in der Münchner Innenstadt gezogen. Knapp sechzig der geplant neunzig Stellen sind besetzt. „Wir wollen ein bunter Haufen sein, der auch mal was Neues ausprobiert“, sagt Gerlach. Flache Hierarchien, offene Türen, eine Ministerin, die alle ihre Mitarbeiter mit Namen kennt: Ein bisschen sei ihr Haus schon so wie die neuen, hippen Digitalunternehmen. Doch wie ein Start-up zehn Projekte zünden, in der Hoffnung, dass vielleicht zwei funktionieren – das geht beim Staat nicht, warnt Gerlach. Schließlich gehe es um Steuergeld: „Wenn wir was auf die Straße bringen, dann muss es auch klappen.“
Für schnellen Glamour auf dem roten Teppich und billige Schlagzeilen ist sie ohnehin nicht der Typ. Gerlach will durch fundiertes Wissen und gute Arbeit überzeugen: „Ich kann vielleicht nicht alle Erwartungen erfüllen, aber ich kann was bewegen“, sagt sie selbstbewusst. Und verbiegen will sich Judith Gerlach für den Minister-Job sowieso nicht. Zum Glück sei dies auch nicht nötig, beteuert sie: „Im Kabinett darf ich so sein, wie ich bin.“
Der Kampf gegen Tierquälerei bei Viehtransporten stockt. Eine vom Umweltministerium angekündigte Liste von Staaten, in die generell keine Fahrten mehr erlaubt werden, liegt noch nicht vor. Sie solle aber bald fertiggestellt sein, kündigte eine Sprecherin des Ministeriums in München an.
Minister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte Mitte Februar angekündigt, die Liste den Veterinärbehörden nach Anhörung der Verbände in der kommenden Woche zur Verfügung zu stellen. Er hatte sich zu einem Runden Tisch mit Vertretern unter anderem des Tierschutzes, der Amtstierärzte, des Bauernverbandes und des Viehhandels getroffen. Bis die Liste vorliegt, gelte ein Stopp für Transporte von Zuchtrindern in Drittstaaten. „Ein Export von Schlachttieren in Drittstaaten findet nicht statt“, hieß es. Hintergrund der Maßnahmen ist unter anderem, dass jüngst mehrere Veterinärämter Tiertransporte in Nicht-EU-Staaten verboten hatten mit Verweis auf tierquälerische Schlachtmethoden in den Zielländern und sehr lange Fahrten. Auch könnten Tierärzten nach Einschätzung des Ministeriums Strafen wegen Beihilfe zu späteren Tierschutzverstößen in Drittstaaten drohen. Glauber hatte darüber hinaus angekündigt, sich auch auf Bundes- und EU-Ebene um das Thema kümmern zu wollen. Das Umweltministerium hatte betont: „Transporte innerhalb der EU sowie in nicht genannte Drittstaaten sind grundsätzlich möglich.“Ausnahmen könne es geben, wenn den Genehmigungsbehörden konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Transport nicht nach den rechtlichen Vorschriften umgesetzt oder im Bestimmungsland im Einzelfall nicht tierschutzkonform gehandelt wird. (dpa)