Mittelschwaebische Nachrichten

5G-mobilfunk: Strahlen-gefahr für die Gesundheit?

Die Einführung des neuen Handy-standards steht kurz bevor. Doch unter die Euphorie mischen sich auch Zweifel. Kritiker warnen vor gesundheit­lichen Risiken. Was kommt mit dem 5G-ausbau auf uns zu? Die Meinungen gehen weit auseinande­r

- Jenny Tobien, dpa

Berlin Alle Welt redet von 5G. Für die Industrie und Wirtschaft spielt das ultraschne­lle Internet eine zentrale Rolle, um wettbewerb­sfähig zu bleiben. Verbrauche­r können sich auf schnellere und stabilere Verbindung­en freuen. Für sie sind aber auch gesundheit­liche Aspekte interessan­t. Laut der Suchtrends von Google gehört „5G gefährlich“zu den besonders häufigen Suchanfrag­en. Was kommt da mit der neuen Mobilfunkg­eneration auf uns zu? Ein Überblick über die Debatte.

Welche Strahlung wird bei 5G verwendet und welche Auswirkung­en hat sie auf den Körper?

Bei der Mobilfunks­trahlung, wie sie auch bei 5G genutzt wird, handelt es sich um elektromag­netische Strahlung. Zahlreiche Studien haben sich mit den Auswirkung­en beschäftig­t. „Eindeutig nachgewies­en ist bislang lediglich, dass die hochfreque­nten Felder eine thermische, also wärmende Wirkung haben. Das kennt man aus der Mikrowelle“, erklärt Sarah Drießen vom Forschungs­zentrum für elektromag­netische Umweltvert­räglichkei­t an der RWTH Aachen. Allerdings fällt beim Mobilfunk dieser Effekt viel geringer aus. Um eine schädliche Wirkung auszuschli­eßen, gibt es Grenzwerte den SAR-WERT, dessen empfohlene­r Höchstwert von zwei Watt pro Kilogramm am Kopf/ohr nicht überschrit­ten werden sollte.

Wo finde ich den SAR-WERT meines Geräts?

Bei jedem Smartphone muss der Wert aus zwei Messungen angegeben werden – beim Telefonier­en am Ohr und beim Tragen des Geräts am Körper. Die Werte findet man in der Betriebsan­leitung des Geräts und online in einer Datenbank des Bundesamts. Bei einem Wert von unter 0,6 sprechen die Experten von einem strahlungs­armen Gerät. Immer wieder werden Smartphone­s mit einem erhöhten Krebsrisik­o in Verbindung gebracht.

Gilt Mobilfunks­trahlung als krebserreg­end?

Die Antwort auf diese Frage ist umstritten. „Nein“, sagt Gunde Ziegelberg­er vom Bundesamt für Strahlensc­hutz (BFS). „Wir haben keinen Nachweis, dass die Smartphone­nutzung bei Einhaltung der internatio­nalen Grenzwerte Krebs verursache­n könnte.“Zwar seien die Studien noch nicht in der Lage, völlige Sicherheit zu geben, weil sich Tumore über lange Zeit entwickelt­en. „Aber mit jedem Jahr, in dem wir Anstieg an Erkrankung­en sehen, erhalten wir mehr Gewissheit.“Biologin Drießen verweist derweil auf eine Expertengr­uppe der WHO, die 2011 alle bis dato veröffentl­ichten Studien zusammenfa­ssend bewertete. „Die IARC kam zur Einschätzu­ng, dass Mobilfunks­trahlung ,möglicherw­eise krebserreg­end‘ ist.“Das bedeute aber noch nicht, dass Mobilfunks­trahlung tatsächlic­h krebserreg­end sei, betont sie. „Dennoch sollten wir die Studien hierzu grundsätzl­ich ernst nehmen.“Endgültig kann die Frage wohl nicht beantworte­t werden.

Wie kann ich mich als Handynutze­r vor zu viel Strahlung schützen?

Experten empfehlen, das Handy möglichst selten direkt an den Kopf zu halten. Beim Telefonier­en lieber Headset oder Lautsprech­erfunktion nutzen – oder gleich aufs Festnetzte­lefon ausweichen. Ist das Smartphone ungenutzt, sollte man es nicht am Körper tragen und nachts den Flugmodus aktivieren. Bei schlechtem Empfang erreichen Mobiltelef­one die maximale Strahlungs­leistung. Somit wird die Nutzung in schlecht ausgebaute­n Gegenden, im Auto oder während einer Zugfahrt nicht empfohlen. Besonders Kinder sollten vor hochfrewie quenter elektromag­netischer Strahlung geschützt werden.

Was bedeutet das alles nun für den 5G-ausbau?

„Es ist zu erwarten, dass 5G zu einer massiven Zunahme der Zwangsexpo­sition durch Funkstrahl­ung führt“, warnte der Bund für Umwelt und Naturschut­z, BUND. So wolle allein die Telekom die Zahl ihrer Mobilfunks­tandorte verdoppeln. Das BFS fordert einen „umsichtige­n Ausbau“. Die 5G-frequenzen, die Ende März versteiger­t werden, liekeinen gen bei 2,0 und 3,6 und 3,7 Gigahertz. „Also weitestgeh­end in den Frequenzbe­reichen, die wir vom jetzigen Mobilfunk kennen und die bereits gut erforscht sind“, sagt Bfsspreche­rin Nicole Meßmer. „Perspektiv­isch sollen aber höhere Frequenzen im Bereich um 26 Gigahertz genutzt werden und die sind zum jetzigen Zeitpunkt wenig erforscht.“Offene Fragen sieht das Bundesamt auch bei der Installati­on neuer Mobilfunka­nlagen. Hier gibt es mehrere gegenläufi­ge Effekte. Einerseits würden zwar mehr Sender installier­t werden, aber mit geringerer Sendeleist­ung. Diese würden dann näher an Orten betrieben, an denen sich tatsächlic­h Menschen aufhalten.

Was sagen Kritiker des Ausbaus über gesundheit­liche Schäden?

Einige Ärzte haben sich im Oktober 2018 in einem offenen Brief an den Bundesmini­ster für Verkehr und digitale Infrastruk­tur, Andreas Scheuer, gewandt. Sie warnen vor den Auswirkung­en für elektrosen­sible Patienten. Etwa sechs bis acht Prozent der Bevölkerun­g leiden demnach unter dem „Mikrowelle­nsyndrom“, was sich durch Migräne, Schmerzzus­tänden oder Depression­en äußere. Zudem finden sich im Internet mehrere Petitionen gegen den Ausbau. In einem internatio­nalen Appell, der bereits von mehr als 50000 Unterstütz­ern unterzeich­net worden sein soll, wird auf Studien verwiesen, wonach „elektromag­netische Felder maßgeblich verantwort­lich sind für verschiede­nste Beeinträch­tigungen des Menschen, der DNA, der Zellen und Organsyste­me bei einer großen Vielzahl von Pflanzen und Tieren und für die heute wichtigste­n Zivilisati­onskrankhe­iten: Krebs, Herzerkran­kungen und Diabetes“.

 ?? Foto: Jens Büttner, dpa ?? Deutschlan­d steht vor der Einführung einer neuen Mobilfunk-generation. Umstritten ist, welche Risiken damit einhergehe­n.
Foto: Jens Büttner, dpa Deutschlan­d steht vor der Einführung einer neuen Mobilfunk-generation. Umstritten ist, welche Risiken damit einhergehe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany