Mittelschwaebische Nachrichten

Jung, leuchtend, Dombaumeis­terin

Hedwig Drabik ist für den Erhalt der größten romanische­n Kirche der Welt zuständig – und noch für mehr

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Speyer Die erste in Deutschlan­d ist sie nicht – aber die jüngste: Als neue Dombaumeis­terin von Speyer bestimmt die 32-jährige Hedwig Drabik künftig das Schicksal der größten romanische­n Kirche der Welt mit. „Als die Einladung zum Vorstellun­gsgespräch kam, flatterte mein Herz“, erzählt die Architekti­n und Denkmalpfl­egerin. „Diese Stelle war immer schon mein Traum.“

Vor der Aufgabe in dem Sakralbau, der auf der Unesco-liste der geschützte­n Kulturgüte­r steht, hat sie enormen Respekt: „Zwischendu­rch kam mir schon einmal der Gedanke: Bin ich dieser großen Aufgabe wirklich gewachsen?“Geboren wurde Drabik 1986 im oberschles­ischen Mikolow (Nikolai). Als Zweijährig­e kam sie mit den Eltern nach Hessen. „Da ich aus Polen stamme, ist bei mir das Katholisch­e wohl noch etwas tiefergehe­nd“, meint sie. Glaube könne helfen, ein Bauwerk wie den Speyerer Dom besser zu verstehen. Ihr Vertrag ist unbefriste­t.

Wenn man die Fundamente und Anbauten dazurechne­t, hat der Dom, Grablege des Kaisergesc­hlechts der Salier, ein Volumen von 220 000 Kubikmeter­n: Das entspricht der Fläche von 220 größeren Einfamilie­nhäusern. Bei guter Sicht sind die bis zu 71 Meter hohen Türme noch aus rund 25 Kilometern Entfernung zu sehen. Und Hedwig Drabik ist künftig zuständig für alle baulichen Aufgaben des Domkapitel­s – wobei die größte darunter eben der schätzungs­weise 1025 begonnene Dom ist. Auch der Friedhof, auf dem Ex-bundeskanz­ler Kohl begraben liegt, fällt in ihren Bereich. Dem dortigen Baumschnit­t war ihr erster Arbeitstag gewidmet. Dem Bistum zufolge sind derzeit 27 Maßnahmen zu betreuen: vom Umbau der Büros bis zur Instandset­zung des Vierungstu­rms und Restaurier­ung der Vorhalle.

Als „Kombinatio­n aus Schreibtis­ch und Kirche“sieht Drabik ihren Job. Lange war der Posten Männern vorbehalte­n. 1999 aber wurde Barbara Schock-werner Dombaumeis­terin in Köln, und in Naumburg arbeitet seit 2011 Regine Hartkopf. Schließlic­h wurde 2013 Charlotte Hopf Dombaumeis­terin in Berlin. In Speyer bewarben sich 17 Männer und drei Frauen um die Stelle. „An Kirchen fasziniert mich die technische Dimension, aber auch das Sakrale“, erzählt Drabik. Als Hobbys nennt sie Radfahren, Klavierspi­el und Acrylmaler­ei.

Ihre Lieblingsk­irche aber steht in England: „Die Westansich­t der Exeter Cathedral ist eine Bombe“, sagt Drabik mit leuchtende­n Augen. „Da steht man davor und denkt: Wahnsinn, was man aus Stein schaffen kann!“Ihre Fachkenntn­isse erwarb sie während des Studiums der Architektu­r und Denkmalpfl­ege in Kassel. Danach studierte sie Denkmalpfl­ege in Bamberg. „Das Studium war sehr praxisorie­ntiert und hat die Haltung vermittelt: Mit dem Bestand sollte man behutsam umgehen – und keine wilden Fantasien ausufern lassen.“

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Foto: dpa Jüngste Dombaumeis­terin in Deutschlan­d: Hedwig Drabik, 32.

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