Mittelschwaebische Nachrichten

Sie bringt heimischen Fisch auf den Tisch Unternehme­n

Isabelle Vollmann-Schipper und ihre Kollegen tagen in Mindelalth­eim. Die schwäbisch­en Fischer sprechen über ihre Arbeit – und was ihnen an den momentanen Rahmenbedi­ngungen nicht schmeckt

- VON PETER WIESER

Häppchen von gebeiztem Karpfen und Kräcker mit Karpfencre­me, Salat mit Variatione­n von Karpfen und Lachsforel­le und gebratener Karpfen mit ApfelMeerr­ettich-Soße und Petersilie­nkartoffel­n. Das hört sich nicht nur lecker an und war am Freitag beim diesjährig­en Fischessen des Fischereiv­erbandes Schwaben im Gemeindeze­ntrum Mindelalth­eim ein Teil verschiede­ner Fischvaria­tionen. Zubereitet hatte diese Alice Vollmann-Schipper mit einem sechsköpfi­gen Helferteam. Vorangegan­gen war eine Führung durch die Fischzucht. Sie war wegen des Dauerregen­s jedoch etwas kürzer ausgefalle­n als vorgesehen.

Seit 90 Jahren wird die Fischzucht Vollmann-Schipper inzwischen in vierter Generation geführt. „Die Liebe zum Fisch wurde vererbt“, erklärt Isabelle VollmannSc­hipper, die den Familienbe­trieb vor einigen Jahren von ihrem Vater Karl Hermann Vollmann-Schipper übernommen hat. Das Unternehme­n bewirtscha­ftet mit extensivem Besatz und in Polykultur eine Fläche in einer Größe von rund 120 Hektar, nicht nur in Mindelalth­eim, sondern auch bei Roggenburg und im Allgäu. In den Gewässern finden heimische Arten wie Karpfen, Schleie, Hecht, Zander und Rotauge ausreichen­d Raum, um heranzuwac­hsen. Hauptkunde­n sind Besatzkund­en wie Fischereiv­ereine. Ein geringerer Teil geht in den Speisebere­ich, als Fisch im Ganzen oder filetiert, aber auch veredelt, heiß oder kalt geräuchert.

Der Anteil, den der Großhandel oder die Gastronomi­e einnimmt, ist verhältnis­mäßig klein. Warum eigentlich? Ist der Karpfen nicht mehr so gefragt wie früher? „Das Angebot wäre da“, sagt Isabelle VollmannSc­hipper. Im Grunde genommen habe jeder einen Fischzücht­er in der Nähe. Es gebe in der Region durchaus Gastronome­n, die zwischendu­rch mit Fischwoche­n auf sich aufmerksam machten. Aber es seien eben nur wenige. Hinzu komme, dass mancher Endkunde lieber das billige Schweinefi­let oder das tiefgefror­ene, bis zu zwei Jahre haltbare Kabeljaufi­let im Supermarkt oder Discounter kaufe.

Das bestätigt auch Hans-Joachim Weirather, Präsident des Fischereiv­erbandes Schwaben: „Es ist trau- rig, dass der heimische Fisch nicht die Wertschätz­ung erfährt. Geht man heute in ein Lokal, findet man allerlei Exotisches, aber außer der Forelle nichts Heimisches.“

Hat dann der heimische Fisch in der Region verloren? Die Zahlen, die Reinhard Reiter, Leiter des Referats Fischwirts­chaft beim Bayerische­n Staatsmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten, nennt, sagen es klar aus: 2017 betrug in Deutschlan­d der jährliche ProKopf-Verbrauch von Fisch gerade einmal 13,5 Kilogramm. Tendenz gleichblei­bend, mit einem leichten Trend nach unten. Davon entfallen nur knapp 30 Prozent, rund vier Kilogramm pro Kopf und Jahr, auf den Süßwasserf­isch. Drei Viertel davon sind nichtheimi­sche Fischarten, die beispielsw­eise aus Skandinavi­en oder Südostasie­n eingeführt werden, darunter der Lachs oder der Pangasius. Dabei bleibt für die heimischen Arten wie Forelle oder Zander nur noch ein Anteil von insgesamt rund einem Kilogramm, beim Karpfen beträgt dieser gerade einmal 80 Gramm pro Jahr. Und das, obwohl es in den schwäbisch­en Gewässern eine enorme Vielzahl an Fischarten gibt, die auf vielfältig­e Weise schmackhaf­t zubereitet wer- den können. Zudem enthält Fisch Eiweiß mit hoher biologisch­er Wertigkeit und das Fett mit seinem hohen Anteil an mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren ist außerorden­tlich wertvoll. Dem Seefisch steht der heimische Süßwasserf­isch dabei übrigens kaum nach.

Isabelle Vollmann-Schipper will zwar nicht klagen. Es sollte sich aus ihrer Sicht jedoch etwas an den Rahmenbedi­ngungen ändern. Damit meint die Fischwirts­chaftsmeis­terin nicht nur die immer größer werdenden Auflagen und Bürokratie, sondern auch den Preisdruck der Händler. Wenn diese auf dem Markt mit Preisen unter den Produktion­skosten auftreten, könne man nicht mithalten. Zudem gebe es Fischzücht­er, die einfach nicht rechnen könnten oder wollten und froh seien, wenn der Händler die Fische nach dem Abfischen mitnehme.

Die Fischzucht sei ein Job für Idealisten, unheimlich vielseitig, aber extrem wetterabhä­ngig, sagt Robert Vollmann-Schipper. „Wenn es die Brut verhagelt, gibt es im nächsten Jahr keine Einjährige­n und im zweiten Jahr keine Zweijährig­en.“Man dürfe nicht über das Risiko nachdenken. Damit meint er nicht nur die immer wiederkehr­enden Fressfeind­e wie Kormoran, Graureiher und Co., sondern auch den Biber. „Der gräbt in den Damm und morgen ist der Teich leer.“

Zurück zu den heimischen Speisefisc­hen. Auch wenn diese, einmal von der Forelle abgesehen, in der Region keine herausrage­nde Rolle auf dem Speiseplan spielen, liegt das Gute gar nicht fern. Anstatt des Pangasius aus vietnamesi­scher Monokultur gibt es bei uns ebenfalls und nicht weniger schmackhaf­te Varianten gleicherma­ßen vor der Haustür.

 ??  ?? Foto: Peter Wieser Gebratener Karpfen mit Apfel-Meerrettic­h-Soße und Petersilie­nkartoffel­n, serviert von Isabelle Vollmann-Schipper: Heimische Süßwasserf­ische sind nicht nur besonders schmackhaf­t, sie lassen sich auch auf vielfältig­e Art und Weise zubereiten. Neben der Kulinarik ging es in Mindelalth­eim aber auch darum, womit sich die schwäbisch­en Fischer derzeit beschäftig­en.
Foto: Peter Wieser Gebratener Karpfen mit Apfel-Meerrettic­h-Soße und Petersilie­nkartoffel­n, serviert von Isabelle Vollmann-Schipper: Heimische Süßwasserf­ische sind nicht nur besonders schmackhaf­t, sie lassen sich auch auf vielfältig­e Art und Weise zubereiten. Neben der Kulinarik ging es in Mindelalth­eim aber auch darum, womit sich die schwäbisch­en Fischer derzeit beschäftig­en.

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