Mittelschwaebische Nachrichten
Sie bringt heimischen Fisch auf den Tisch Unternehmen
Isabelle Vollmann-Schipper und ihre Kollegen tagen in Mindelaltheim. Die schwäbischen Fischer sprechen über ihre Arbeit – und was ihnen an den momentanen Rahmenbedingungen nicht schmeckt
Häppchen von gebeiztem Karpfen und Kräcker mit Karpfencreme, Salat mit Variationen von Karpfen und Lachsforelle und gebratener Karpfen mit ApfelMeerrettich-Soße und Petersilienkartoffeln. Das hört sich nicht nur lecker an und war am Freitag beim diesjährigen Fischessen des Fischereiverbandes Schwaben im Gemeindezentrum Mindelaltheim ein Teil verschiedener Fischvariationen. Zubereitet hatte diese Alice Vollmann-Schipper mit einem sechsköpfigen Helferteam. Vorangegangen war eine Führung durch die Fischzucht. Sie war wegen des Dauerregens jedoch etwas kürzer ausgefallen als vorgesehen.
Seit 90 Jahren wird die Fischzucht Vollmann-Schipper inzwischen in vierter Generation geführt. „Die Liebe zum Fisch wurde vererbt“, erklärt Isabelle VollmannSchipper, die den Familienbetrieb vor einigen Jahren von ihrem Vater Karl Hermann Vollmann-Schipper übernommen hat. Das Unternehmen bewirtschaftet mit extensivem Besatz und in Polykultur eine Fläche in einer Größe von rund 120 Hektar, nicht nur in Mindelaltheim, sondern auch bei Roggenburg und im Allgäu. In den Gewässern finden heimische Arten wie Karpfen, Schleie, Hecht, Zander und Rotauge ausreichend Raum, um heranzuwachsen. Hauptkunden sind Besatzkunden wie Fischereivereine. Ein geringerer Teil geht in den Speisebereich, als Fisch im Ganzen oder filetiert, aber auch veredelt, heiß oder kalt geräuchert.
Der Anteil, den der Großhandel oder die Gastronomie einnimmt, ist verhältnismäßig klein. Warum eigentlich? Ist der Karpfen nicht mehr so gefragt wie früher? „Das Angebot wäre da“, sagt Isabelle VollmannSchipper. Im Grunde genommen habe jeder einen Fischzüchter in der Nähe. Es gebe in der Region durchaus Gastronomen, die zwischendurch mit Fischwochen auf sich aufmerksam machten. Aber es seien eben nur wenige. Hinzu komme, dass mancher Endkunde lieber das billige Schweinefilet oder das tiefgefrorene, bis zu zwei Jahre haltbare Kabeljaufilet im Supermarkt oder Discounter kaufe.
Das bestätigt auch Hans-Joachim Weirather, Präsident des Fischereiverbandes Schwaben: „Es ist trau- rig, dass der heimische Fisch nicht die Wertschätzung erfährt. Geht man heute in ein Lokal, findet man allerlei Exotisches, aber außer der Forelle nichts Heimisches.“
Hat dann der heimische Fisch in der Region verloren? Die Zahlen, die Reinhard Reiter, Leiter des Referats Fischwirtschaft beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, nennt, sagen es klar aus: 2017 betrug in Deutschland der jährliche ProKopf-Verbrauch von Fisch gerade einmal 13,5 Kilogramm. Tendenz gleichbleibend, mit einem leichten Trend nach unten. Davon entfallen nur knapp 30 Prozent, rund vier Kilogramm pro Kopf und Jahr, auf den Süßwasserfisch. Drei Viertel davon sind nichtheimische Fischarten, die beispielsweise aus Skandinavien oder Südostasien eingeführt werden, darunter der Lachs oder der Pangasius. Dabei bleibt für die heimischen Arten wie Forelle oder Zander nur noch ein Anteil von insgesamt rund einem Kilogramm, beim Karpfen beträgt dieser gerade einmal 80 Gramm pro Jahr. Und das, obwohl es in den schwäbischen Gewässern eine enorme Vielzahl an Fischarten gibt, die auf vielfältige Weise schmackhaft zubereitet wer- den können. Zudem enthält Fisch Eiweiß mit hoher biologischer Wertigkeit und das Fett mit seinem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist außerordentlich wertvoll. Dem Seefisch steht der heimische Süßwasserfisch dabei übrigens kaum nach.
Isabelle Vollmann-Schipper will zwar nicht klagen. Es sollte sich aus ihrer Sicht jedoch etwas an den Rahmenbedingungen ändern. Damit meint die Fischwirtschaftsmeisterin nicht nur die immer größer werdenden Auflagen und Bürokratie, sondern auch den Preisdruck der Händler. Wenn diese auf dem Markt mit Preisen unter den Produktionskosten auftreten, könne man nicht mithalten. Zudem gebe es Fischzüchter, die einfach nicht rechnen könnten oder wollten und froh seien, wenn der Händler die Fische nach dem Abfischen mitnehme.
Die Fischzucht sei ein Job für Idealisten, unheimlich vielseitig, aber extrem wetterabhängig, sagt Robert Vollmann-Schipper. „Wenn es die Brut verhagelt, gibt es im nächsten Jahr keine Einjährigen und im zweiten Jahr keine Zweijährigen.“Man dürfe nicht über das Risiko nachdenken. Damit meint er nicht nur die immer wiederkehrenden Fressfeinde wie Kormoran, Graureiher und Co., sondern auch den Biber. „Der gräbt in den Damm und morgen ist der Teich leer.“
Zurück zu den heimischen Speisefischen. Auch wenn diese, einmal von der Forelle abgesehen, in der Region keine herausragende Rolle auf dem Speiseplan spielen, liegt das Gute gar nicht fern. Anstatt des Pangasius aus vietnamesischer Monokultur gibt es bei uns ebenfalls und nicht weniger schmackhafte Varianten gleichermaßen vor der Haustür.