Mittelschwaebische Nachrichten
Italien schließt sich Chinas Projekt an
Vertrag Als erstes Mitglied der G7-Staaten beteiligen sich die Südeuropäer an der Neuen Seidenstraße – einem großen Handelsnetzwerk. Außenminister Heiko Maas kritisiert das
Bonn Die Seidenstraße – ein mythischer Begriff – wird derzeit modernisiert. Europäer denken an Marco Polo und geheimnisvolle Welten. Chinas Staatsführung hat ganz andere Assoziationen: Mit dem Megaprojekt „Neue Seidenstraße“will Peking ein Handelsnetzwerk zwischen Asien und Europa spannen. Mit einem Volumen von rund 900 Milliarden Dollar ist es das größte Investitionsprogramm seit dem Marshallplan von 1948.
Es geht um Pipelines und Kraftwerke, ein Netzwerk aus Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Flughäfen. Und es geht um Chinas politischen Einfluss. Auch die EU ist betroffen: Mit großem Pomp ist Staatspräsident Xi Jinping am Samstag in Rom empfangen worden. Als erstes Mitglied der sieben Industriemächte (G7) und als erster großer EU-Staat hat sich Italien offiziell der „Neuen Seidenstraße“angeschlossen.
Es gebe zu viel „Made in China“in Italien und zu wenig „Made in Italy“in China begründete VizeRegierungschef Luigi Di Maio den Schritt. Italien wolle dieses Ungleichgewicht mit diesem und weiteren Abkommen beenden.
In Berlin und Brüssel gehen die Warnleuchten an. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte die Teilnahme Italiens an der Initiative scharf. In der Welt am Sonntag sagte er: In einer Welt mit Riesen wie China, Russland und den USA „können wir nur bestehen, wenn wir als EU geeint sind.“Und weiter: „Sollten einige Länder glauben, man kann mit den Chinesen clevere Geschäfte machen, werden sie sich noch wundern und irgendwann in Abhängigkeit aufwachen.“EUKommissar Günther Oettinger rief dazu auf, Schritte gegen die Übernahme europäischer Infrastruktur durch China einzuleiten. Er habe Sorge, dass in Italien und anderen europäischen Ländern wichtige Infrastruktur wie Stromnetze oder Häfen in die Hände der Chinesen fallen, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Der britische Historiker Peter Frankopan ruft ebenfalls nach einer Strategie des Westens. Heute denken viele, aus dem Osten komme nichts Gutes, sagt er. Dabei war der Osten lange Zeit führend. Erst im Zeitalter des Kolonialismus rückte Europa in die Mitte.
Derzeit, ist Frankopan überzeugt, zeichnet sich erneut ein Paradigmenwechsel ab: Das Zeitalter des Westens sei möglicherweise an sein Ende gelangt. Früher hätten reiche Europäer wertvolle Schätze mitgebracht. Heute sammelten asiatische Investoren Fußballklubs der englischen Premier League. Aus chinesischer Sicht sei das die Rückkehr zu einer Zeit, als das Land der Nabel der Welt war. „China sucht seinen Platz in der Welt. Der Plan ist, eine Führungsnation zu werden. Dafür lässt das Land seine Muskeln spielen“, sagt Frankopan.