Mittelschwaebische Nachrichten
Drohnenangriff auf Öl-Raffinerie
Saudi-Arabien Produktionsausfall beeinträchtigt weltweite Versorgung. USA beschuldigen den Iran. Stecken die Huthi-Rebellen dahinter?
Riad Bis ins All waren die schwarzen Rauchfahnen über der gigantischen Raffinerie Abqaiq zu sehen. Das saudische Königreich erlebte am Wochenende eine bisher unvorstellbare Katastrophe, als bewaffnete Drohnen im Osten des Landes das Herzstück seiner Ölproduktion in Brand schossen. Ein Schwarm ferngesteuerte Fluggeräte war offenbar an diesem Sabotageakt beteiligt, der die Kriegsängste am Persischen Golf in neue Höhen trieb.
US-Außenminister Mike Pompeo warf dem Iran „einen beispiellosen Angriff auf die Ölversorgung der Welt“vor. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman kündigte nach einem Telefonat mit USPräsident Donald Trump an, sein Land sei willens und in der Lage, auf „diese terroristische Aggression“zu reagieren. Teheran dagegen wies die amerikanischen Vorwürfe als bedeutungslos zurück. Ein mögliches Treffen Trumps mit Irans Präsident Hassan Ruhani am Rande der UNVollversammlung Ende September jedoch dürfte nun vom Tisch sein.
Stundenlang wüteten die Großfeuer in der hochkomplexen Verarbeitungsanlage, die die größte und wichtigste der Welt ist. Nach Angaben aus Riad sind über die Hälfte der saudischen Exporte betroffen, was knapp sechs Prozent des täglichen globalen Ölbedarfs entspricht. Welches Ausmaß die Schäden haben und wie schnell sich der Komplex reparieren lässt, blieb das ganze Wochenende über unklar. Einen Teil des Produktionsausfalls von 5,7 Millionen Barrel pro Tag will das Königreich aus seinen fünf unterirdischen Reservedepots kompensieren, die zwischen 1988 und 2009 gebaut wurden. Im Vergleich dazu sind die Ölexporte des Iran durch die US-Sanktionen mittlerweile deutlich unter die Marke von 500 000 Barrel pro Tag gefallen, also auf weniger als ein Zehntel der durch den Angriff zerstörten saudischen Lieferkapazität.
Widersprüchliche Angaben gab es zur Herkunft der Drohnen, die 800 Kilometer entfernt von jemenitischem Territorium operierten und neben der Raffinerie Abqaiq auch das benachbarte Ölfeld Khurais beschädigten. Die Huthis im Jemen, gegen die Saudi-Arabien seit mehr als vier Jahren Krieg führt, reklamierten die Militäroperation für sich und dankten obendrein „ehrenwerten Leuten“innerhalb von Saudi-Arabien für ihre Kooperation. Der amerikanische Außenminister Pompeo dagegen machte irantreue Schiitenmilizen verantwortlich.
Nach Angaben des Wall Street Journal untersuchen US-Experten derzeit, ob Cruise Missiles aus Irak oder Iran an den Angriffen beteiligt waren. Washington wirft Teheran seit längerem vor, schiitische Milizen im Irak wie auch die Huthis im Jemen mit Drohnen und Raketen aufzurüsten.
Für die Pläne des saudischen Königshauses, fünf Prozent des staatlichen Ölkonzerns Aramco an die Börse zu bringen, ist der Großbrand ein schwerer Rückschlag. Mit dem erhofften Erlös von 100 Milliarden Dollar wollte Kronprinz Mohammed bin Salman eigentlich sein ehrgeiziges Reformprogramm „Vision 2030“finanzieren.