Mittelschwaebische Nachrichten
Dank Oma alles kein Problem
Hin und wieder suche ich einen Autoren für diese Kolumne. Dann ziehe ich von Kollege zu Kollege und frage, ob er oder sie nicht etwas schreiben möchte, von einer Begebenheit erzählen will, in der das wahre Leben zugeschlagen hat. Wenn man selbst einfach an der Realität gescheitert ist (oder vielmehr an sich selbst) – aber im Nachhinein darüber lachen kann. Meist bekomme ich dann nach kurzem Überlegen die Antwort: „Also mir passiert einfach nichts.“Ich weiß nicht, wie die Kollegen das machen. Mir passiert nämlich andauernd etwas.
Jüngstes Beispiel: Der Mann ist am Freitagnachmittag zu einer Wanderung aufgebrochen, wird das ganze Wochenende nicht da und auch nicht erreichbar sein. Auch mal schön, dachte ich. Bis ich am Freitagabend vor der Haustür stand. Ich griff dorthin, wo immer mein Schlüssel ist, und fand: Nichts. Kein Schlüssel. Nicht in der Handtasche, nicht im Auto, nicht in der Hosentasche. Auch bei Freunden und Nachbarn liegt kein Ersatz. Wozu auch? Wir sind ja zu zweit. Der andere ist samt Schlüssel im Zweifel greifbar. Außer er geht Wandern.
Und was macht man an einem Freitagabend, wenn man feststellt: Diese Wohnung bleibt bis Montag vermutlich verschlossen? Man ruft seine Oma an – das zumindest habe ich getan. Und meine Oma hat mir nicht nur ihre Wohnungstür geöffnet (und ein Abendbrot zubereitet und ein Bett überzogen), sondern auch ihren Kleiderschrank. Schließlich hatte ich nichts zum Anziehen dabei. Wer sich das jetzt komisch vorstellt: Meine Oma ist eine sehr modische Frau.
Am Ende war ich jedenfalls ziemlich froh, dass mir doch relativ oft etwas passiert. So ein Wochenende in Omas Kleidung (und Wohnung) ist einfach was Schönes.