Mittelschwaebische Nachrichten

Machtkampf mit schrillen Tönen

Politik Auf dem Landespart­eitag der AfD kommt es zur lange erwarteten Konfrontat­ion zwischen den „Flügel“-Anhängern und den eher Gemäßigten. CSU kritisiert „Nazi-Jargon“

- VON HENRY STERN

Greding Es hatte sich bereits im Vorfeld angedeutet, dass der Landespart­eitag der bayerische­n AfD turbulent werden könnte – und so geschah es dann auch. Interne Streitigke­iten, eine Kampfabsti­mmung um den Landesvors­itz sowie Äußerungen weit unterhalb der Gürtellini­e prägten die Veranstalt­ungen im mittelfrän­kischen Greding. Als klare Siegerin ging Corinna Miazga aus dem Landespart­eitag hervor. Sie ist die neue Vorsitzend­e der AfD in Bayern. Die 36-jährige Bundestags­abgeordnet­e aus Niederbaye­rn setzte sich unter anderem gegen den bisherigen Landesvors­itzenden Martin Sichert sowie die Fraktionsv­orsitzende im Bayerische­n Landtag, Katrin Ebner-Steiner, durch.

Ebner-Steiner und Sichert hatten in ihren Bewerbungs­reden mit heftigen Attacken auf Union, Grüne und SPD für Aufsehen gesorgt. Ebner-Steiner sprach von einem „Saustall der Altparteie­n“und mutmaßte über den großen CSU-Übervater: „Franz Josef Strauß würde uns heute nicht nur wählen – er würde sich heute als Parteivors­itzender unserer bewerben.“Sichert warf Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier (SPD), Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Grünen-Politikern „eine zutiefst rassistisc­he Politik gegen die eigenen Mitbürger“vor. „Sie geben sich cool und sie predigen Vielfalt und Toleranz, wollen aber per Sprachpoli­zei und Political Correctnes­s alle gleichscha­lten“, sagte Sichert, der in seiner Wortwahl aber noch weiter ging: „Wie viele Bürger in Bayern haben auch wir mit Entsetzen festgestel­lt, dass

Markus Söder Horst Seehofer inzwischen als Hure der bayerische­n Politik abgelöst hat.“

Die Antwort aus der CSU ließ freilich nicht lange auf sich warten. „Das ist Nazi-Jargon: Menschen verächtlic­h machen und den politische­n Gegner aufs Übelste verunglimp­fen. Damit ist klar: Die AfD ist eine zutiefst antibürger­liche Partei“, sagte CSU-Generalsek­retär Markus Blume am Samstag. „Heute sind die letzten Sicherunge­n geflogen. Mit der ungeheuerl­ichen verbalen Entgleisun­g hat die AfD den demokratis­chen Diskurs endgültig verlassen.“Das sei „der Ton einer radikalen Partei“, sagte Blume und fügte hinzu: „Wenn das schon die sogenannte­n Gemäßigten sein sollen, dann schaudert es einen vor dem Rest.“

Die bayerische AfD ist seit langem tief zerstritte­n, vor allem die „Flügel“-Anhänger auf der einen und die eher gemäßigten Kräfte auf der anderen Seite. Dies war auch auf dem Parteitag in Greding offensicht­lich geworden, als Ebner-Steiner, die als Vertraute von „Flügel“-Frontmann Björn Höcke gilt, unter großem Jubel ihrer Anhänger überrasche­nd ihre Kandidatur ankündigte. Im Mai hatte sie noch ihren Rückzug aus dem Landesvors­tand angekündig­t. In der Landtagsfr­aktion ist Ebner-Steiner hoch umstritten. Das gipfelte darin, dass mehrere Abgeordnet­e Anzeige gegen ihre eigene Fraktionsv­orsitzende erstattete­n – wegen der gezielten Veröffentl­ichung privater E-Mails.

Der Landesvors­tand unter Sichert versuchte bis zuletzt mit interAfD nen Ordnungsma­ßnahmen gegen vermeintli­che Regelverle­tzungen von „Flügel“-Leuten vorzugehen. So wurde etwa der intern heftig umstritten­e Memminger Landtagsab­geordnete Christoph Maier kurz vor dem Parteitag mit einer zweijährig­en Ämter-Sperre belegt, unter anderem weil er in einem Internet-Video über Parteikoll­egen hergezogen sein soll. Maier konterte, indem er trotzdem zunächst seine Kandidatur für den Landesvors­itz erklärte, diese aber sofort wieder zurückzog. Zu stellvertr­etenden Vorsitzend­en wurden in Greding die beiden „Flügel“-Männer Hansjörg Müller und Martin Böhm sowie der Landtagsab­geordnete Gerd Mannes aus Leipheim (Kreis Günzburg) gewählt.

Die neue Landeschef­in Corinna Miazga sieht die internen Grabenkämp­fe als größtes Problem der Partei: „Viele Bürger stimmen uns zu, sagen aber: Wir wählen euch nicht, ihr pöbelt nur rum.“Unmittelba­r nach ihrer Wahl betonte sie, wichtig sei vor allem die parteiinte­rne „Befriedung“. Die AfD müsse nicht an ihrem Programm arbeiten, erklärte sie, sondern an ihrem Image.

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