Mittelschwaebische Nachrichten
Eklat um Ai Weiwei in München
Überraschende Aktion im Haus der Kunst
München Ai Weiwei als Kartenabreißer: Mit einer Solidaritätsaktion hat sich der chinesische Künstler für die von Entlassungen bedrohten Mitarbeiter des Münchner Hauses der Kunst eingesetzt. Die Museumsleitung kritisierte die umstrittene und unangemeldete Aktion und bat Ai, die Ausstellungsräume zu verlassen. Am Tag danach verteidigte sich der Künstler und dementierte einen Rauswurf.
Der 62-Jährige war am Freitag ohne Wissen der Museumsleitung im Haus der Kunst aufgetaucht und hatte unter anderem Eintrittskarten der Besucher abgerissen. Der Geschäftsführer des Hauses, Bernhard Spies, stellte Ai zur Rede und diskutierte mit ihm vor zahlreichen Medienvertretern über die Auslagerung der Beschäftigten.
Ai erklärte am Samstag, die Mitarbeiter des Hauses der Kunst hätten ihn zuvor eingeladen, sie zu unterstützen, um ihre Jobs zu behalten. Er kritisierte, die Museumsleitung kaufe teure Kunstwerke für Ausstellungen ein, „während Leute mit geringer Bezahlung entlassen werden sollen.“Das Haus der Kunst hatte die Einladung des Künstlers sowie die Aktion missbilligt. Das Hausrecht sei gröblich verletzt worden, hieß es. Den Mitarbeitern drohten aber keine Konsequenzen: „Die Geschäftsführung bleibt bei der Zusage, den Umstrukturierungsprozess möglichst sozialverträglich, bei Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze und ohne Einkommenseinbußen zu gestalten.“
Das Haus hat turbulente Zeiten hinter sich, unter anderem wegen massiver Geldprobleme. Auch die Nähe von Angestellten zu Scientology und Fälle sexueller Belästigung sorgten für Schlagzeilen. Der Aufsichtsrat reagierte mit Kündigungen und stellte dem damaligen Direktor Okwui Enwezor, der inzwischen gestorben ist, einen kaufmännischen Geschäftsführer an die Seite. Ein Team aus fünf internationalen Kunstexperten soll eine neue künstlerische Leitung suchen.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Margarete Bause nannte den „Rausschmiss“Ais eine „unglaubliche Blamage“, „eine Provinzposse“, machte die bayerische Staatsregierung verantwortlich und forderte: „Die geplanten Entlassungen müssen zurückgenommen werden.“Das Haus der Kunst gehört dem Freistaat. Die Reaktion von Kunstminister Bernd Sibler (CSU): Er könne die Sorge der betroffenen Beschäftigten sehr gut nachvollziehen. Er erwarte, dass alle Beteiligten in dem laufenden Einigungsverfahren einen konstruktiven Dialog führen. Nur so könne es gelingen, tragfähige und sozialverträgliche Lösungen zu entwickeln.