Mittelschwaebische Nachrichten

„Günzburg, ich liebe euch!“

In seiner Herbsttour mit dem Titel „Intensiv!“blickt Comedian Bülent Ceylan auf 21 Jahre auf der Bühne zurück. Im Forum am Hofgarten bot er aber nicht nur eine Selbsthilf­egruppe für Diktatoren. Er rockte es auch musikalisc­h

- VON SANDRA KRAUS

Günzburg Der Star-Comedian Bülent Ceylan in Günzburg? Diese Gelegenhei­t ließen sich seine Fans nicht entgehen und feierten ihn im ausverkauf­ten Forum am Hofgarten schon zur Begrüßung stehend mit Applaus. Er sucht mit seiner diesjährig­en Herbsttour und dem ShowFormat „Intensiv!“die Nähe zum Publikum und hat deshalb die kleineren Hallen im Fokus.

„Intensiv!“ist ein Rückblick auf 21 Jahre auf der Bühne, es geht um Dinge, die Bülent Ceylan wichtig sind. Doch über allem schwebte im Publikum die Frage: „Wird er neben seinen etablierte­n Figuren Harald, Hasan, Anneliese und Mompfreed Bockenauer auch den Engel bringen?“Als Engel nahm er im Sommer an der ProSieben-Musikshow „The Masked Singer“teil und belegte im Finale Anfang August den dritten Platz. „Bis jetzt war ich ein Komiker. Bin ich jetzt ein Sänger, der Comedy kann?“, fragte sich Ceylan und versprach dem Günzburger Publikum zwei Shows für einen Preis. „Ihr seid doch Donauschwa­ben!“Er wusste, dass er nach diesem Erfolg den Engel ins Programm aufnehmen musste.

Teil eins des Abends gehörte dem Comedian, der vor 21 Jahren auf kleinen Bühnen angefangen hatte und den Kindern im Saal eine Botschaft mitgab: „Man muss immer den Mund aufmachen! Ich bin ganz klar gegen Mobbing, ich habe das selber erlebt als Schüler.“In die Schülerzei­t des Deutsch-Türken fiel auch das Imitieren von Stimmen. Helmut Kohl, Boris Becker, Marcel Reich-Ranicki und Papst Johannes Paul II. gingen Bülent so flüssig von den Lippen wie die deutschen Dialekte. Und auch hier wieder ein klares Statement am Ende. „Alles Schlimme, was mit Kindern passiert, ist ganz schrecklic­h. Die Täter gehören weit weggeschos­sen, weit hinter den Mond!“An anderer Stelle fiel der Satz: „Keine Zigaretten oder Drogen, es geht auch ohne!“

Viel gelacht wurde bei Bülents Figuren. „Manche funktionie­ren sofort, der Hasan zum Beispiel. Man probiert, ich notiere, wie es läuft und so entsteht dann ein Programm. Die besten Gags hat mein Vater gebracht. Und er hat mir vor seinem Tod auch ganz klar mit auf den Weg gegeben, dass ich weiter auftreten solle.“Zuweilen menschelte es sehr in der Show, wenn seine Figur Harald nachts zum „Brunzen“muss oder Hasan die Luft mit Testostero­n schwängert.

Mit blonder Mähne wandelte sich Bülent Ceylan zu Thor mit dem Vorschlagh­ammer, ganz Dame wurde er als Biogräfin von Weizenkeim, die in der bayerisch-wienerisch­en Ecke angesiedel­t ist und durchaus auch Männer vernascht. Beim Hallabad-Kapp-Rap unter Mitwirkung des Publikums hatte er so viel Spaß, dass er immer wieder selbst lachen musste. So mancher Reihe-eins-SitTayyip zer wurde unfreiwill­ig Teil der Show. Überhaupt wurde an diesem Abend viel gelacht. Immer wieder bedankte sich Bülent Ceylan bei seinen Fans – „als Komiker möchte man geliebt werden“– und erzählte aus seinem Leben. Passend zu seinem Statement „Ich mach über alles Witze und lass mir die Gosch net verbieten!“fragte sich Ceylan, wie und worüber Diktatoren lachen. Er ließ eine Selbsthilf­egruppe mit den Staatschef­s Wladimir Putin, Recep Erdogan, Kim Jong-un und Donald Trump auftreten, die am Ende noch von einem geklonten Adolf Hitler besucht wurden und sich Witze erzählen. Wäre Bülent Ceylan nicht so gut, könnte einem wegen des im Grunde ernsten Themas das Lachen im Hals stecken bleiben. Und mit Mompfreed, der sich über den Nazi-Hund Wotan, den seine Frau vom Tierheim geholt hat, ärgert, blieb Ceylan politisch. „An alle Kinder im Saal, wir brauchen keine vier- oder zweibeinig­en Nazihunde. Wir brauchen Engel, wie ihr es seid!“

Und das war sie, die Überleitun­g zum heiß ersehnten „Engel“, sechs Wochen nach der Finalshow. „In der Schule hatte ich eine Rockband, doch das war zu düster. Jetzt also Heavy Metal, atemlos durch die Nacht.“Mit Engelsflüg­eln und ausgefeilt­er Licht- und Tontechnik rockte Bülent Ceylan mit vollem Stimm- und Körpereins­atz das Forum. Die Halle bebte, es riss jeden von den Sitzen. Heavy-Metal-Festival-Stimmung kam auf. „So ein geiler Abend!“, rief Bülent Ceylan dem Publikum zu zum endgültige­n Abschied nach einer Absacker-Ballade im Schein von Handylicht­ern. „Günzburg, ich liebe euch!“

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Fotos: Sandra Kraus Comedian oder Sänger? Bülent Ceylan kann beides und überrascht­e das Günzburger Publikum mit einem Metal singenden Engel.
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Eine neue Figur von Komiker Bülent Ceylan ist Thor mit dem Vorschlagh­ammer.

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