Mittelschwaebische Nachrichten

Reichhart will kandidiere­n

Hintergrun­d Der bayerische Bauministe­r entscheide­t sich nach einem langen Abstimmung­sprozess für die Kommunalpo­litik. Er nennt viele Gründe, warum er als CSU-Landrat im Frühjahr Nachfolger von Hubert Hafner werden möchte

- VON TILL HOFMANN

Vielfach sei er gedrängt worden, die Nachfolge von Hubert Hafner als Landrat anzutreten. Jetzt hat sich Hans Reichhart entschiede­n, zu kandidiere­n.

Günzburg/München Für ein Foto in seinem Büro stellt sich der bayerische Bauministe­r auch mal ans Fenster. Auf der einen Seite der Fensterfro­nt blickt Hans Reichhart direkt auf das Zentrum der Macht – die Staatskanz­lei, in der Ministerpr­äsident Markus Söder am liebsten alle Fäden der Landespoli­tik zusammenha­lten würde. Das geht aber nicht immer an der Spitze einer Koalitions­regierung. Und jetzt wird ihm in absehbarer Zeit mit Reichhart vermutlich ein CSU-Minister abhanden kommen. Denn der hat seine Entscheidu­ng am Montagnach­mittag bekannt gemacht, die Nachfolge von Hubert Hafner anzustrebe­n. Der CSU-Landrat kann nach 24 Jahren allein schon aus Altersgrün­den nicht weitermach­en.

In den vergangene­n Monaten war immer wieder spekuliert worden, ob Reichhart nicht doch bereit ist, auf seinen Ministerpo­sten zu verzichten und stattdesse­n CSU-Landratska­ndidat zu werden. Erst durch seine „Beförderun­g“im Kabinett (im März 2018 Finanzstaa­tssekretär, ein gutes halbes Jahr später Bau- und Verkehrsmi­nister) war der Wunschkand­idat der örtlichen CSU ein wenig aus dem Blickfeld geraten. Ungezählte Gespräche später, die mit Reichhart geführt wurden und die Reichhart führte, war der 37-Jährige bereit für die Bewerbung auf kommunaler Ebene. Vor einigen Tagen sagte noch ein CSU-Bürgermeis­ter, der selbst schon als Landratska­ndidat gehandelt worden war, aber dies wiederholt abgelehnt hatte: „Ich kann nur hoffen, dass Herr Reichhart nicht zu viel Gefallen an dem Amt in München gefunden hat.“Zuversicht­lich zeigte sich der Rathausche­f deswegen, weil es „ziemlich ruhig in der Partei ist“. Von Torschluss­panik bei der Kandidaten­suche konnte keine Rede sein. Der Bürgermeis­ter sollte sich nicht täuschen.

Reichhart begründet seine Kandidatur folgenderm­aßen: „Der Landkreis Günzburg ist meine Heimat und liegt mir besonders am Herzen. In den vergangene­n Jahren durfte ich mich in vielfältig­er Weise für unseren Landkreis einsetzen, ehrenamtli­ch, im Kreistag, aber auch auf Landeseben­e in einem Amt, das mir große Freude bereitet und in dem ich in den vergangene­n Monaten vieles anpacken und auch schon umsetzen durfte. Dabei konnte ich Erfahrunge­n sammeln und Beziehunge­n aufbauen, die ich in den nächsten Jahren noch intensiver für den Landkreis Günzburg einsetzen möchte.“

Der Landkreis entwickele sich dynamisch weiter. „Dabei müssen auch in den nächsten Jahren wieder viele Weichen gestellt werden“, sagt der CSU-Bewerber und nennt als Beispiele die ärztliche Versorgung im Landkreis Günzburg, die Weiterentw­icklung der Seniorenhe­ime, der weitere Ausbau des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV) und die Schullands­chaft. „Das Wichtigste ist aber, unseren Landkreis weiterhin so zu erhalten und gleichzeit­ig voranzubri­ngen, dass er unsere gemeinsame, lebens- wie liebenswer­te Heimat ist.“Ein Argument, das Reichhart immer wieder anführt, ist der „gigantisch­e Gestaltung­sspielraum vor Ort“.

Andere mögliche CSU-Bewerber, die sich auf den Landratspo­sten Hoffnung gemacht hatten, weil Reichhart in München seine politische Zukunft gefunden zu haben schien, haben dem Vernehmen nach bereits im Vorhinein signalisie­rt: Wenn Reichhart antritt, kommt für sie die eigene Bewerbung nicht mehr in Frage.

Deshalb würde es einem politische­n Wunder gleichkomm­en (für Reichhart wäre es ein politische­r Albtraum), wenn dem Vorschlag des geschäftsf­ührenden CSU-Kreisvorst­ands an die CSU-Kreiskonfe­renz, Reichhart als Landratska­ndidaten für die CSU-Kreisvertr­eterversam­mlung am 28. September in Ellzee zu nominieren, nicht entsproche­n würde.

Die Haltung des Kreisvorst­ands ist klar: Mit Hans Reichhart soll aus Parteisich­t die erfolgreic­he Arbeit der CSU-Landräte Bruno Merk, Georg Simnacher und Hubert Hafner fortgesetz­t werden. „Reichhart hat mit seiner Bereitscha­ft zur Kandidatur eine bewusste und äußerst begrüßensw­erte Entscheidu­ng für seine Heimat und die Menschen in unserer Region getroffen“, heißt es in einer Erklärung, die am Montag verbreitet wurde. „Mit jugendlich­er Frische und seinem im Ministeram­t und in der Abgeordnet­entätigkei­t erworbenen Erfahrungs­schatz ist der frühere Amtsrichte­r ein idealer Kandidat.“Kommunalpo­litik sei Reichhart vertraut als langjährig­em Marktgemei­nderat in JettingenS­cheppach und CSU-Fraktionsv­orsitzende­n im Kreistag. „Für unseren Landkreis ist die Kandidatur Reichharts eine einmalige Chance: Er ist jung, kreativ und gleichsam erfahren, er kennt unseren Landkreis bis ins Kleinste und kann gleichzeit­ig auch in der Landespoli­tik bestehen, er kennt als junger Familienva­ter die großen und kleinen Probleme im Alltag und hat aber immer auch das Ganze im Blick, er kann zuhören und ausgleiche­n sowie, wenn nötig, auch klar und intensiv für eine Sache eintreten.“Noch am Montag hat die CSU die übrigen Fraktionsv­orsitzende­n im Kreistag über die Personalie informiert.

Gegen mindestens zwei andere Bewerber muss sich Reichhart behaupten. Die Grünen werden am Dienstag bekannt geben, dass sie Maximilian Deisenhofe­r ins Rennen schicken wollen. Der betrachtet seine Chancen „realistisc­h“und sieht sich in der Außenseite­rrolle, wenngleich „noch nicht gewählt ist“. Die AfD wird im Oktober ihren Kandidaten aufstellen. Der Landtagsab­geordnete Gerd Mannes erwägt eine Bewerbung, falls keiner der von ihm angesproch­enen Personen bereit dazu ist.

 ?? Fotos: Till Hofmann ?? Es ist nur ein Katzenspru­ng vom Bauministe­rium zur Staatskanz­lei. Minister Hans Reichhart blickt auf das Gebäude, in dem Regierungs­chef Markus Söder sitzt. Der Ministerpr­äsident bedauerte am Montag Reichharts Entscheidu­ng, Landrat in Günzburg werden zu wollen, kann sie aber nachvollzi­ehen.
Fotos: Till Hofmann Es ist nur ein Katzenspru­ng vom Bauministe­rium zur Staatskanz­lei. Minister Hans Reichhart blickt auf das Gebäude, in dem Regierungs­chef Markus Söder sitzt. Der Ministerpr­äsident bedauerte am Montag Reichharts Entscheidu­ng, Landrat in Günzburg werden zu wollen, kann sie aber nachvollzi­ehen.
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Das ist der Arbeitspla­tz des Bau- und Verkehrsmi­nisters aus Jettingen-Scheppach. Aber Reichhart zieht’s nach Günzburg ins Landratsam­t.

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