Mittelschwaebische Nachrichten

Die CSU hat für sich die beste Wahl getroffen

- VON TILL HOFMANN redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Es muss ein schwierige­r Entscheidu­ngsprozess gewesen sein für Hans Reichhart. Faktisch loszulasse­n von der sogenannte­n „großen Politik“, sofern er im Frühjahr zum Landrat gewählt wird; permanent bedrängt zu werden, trotz der Kabinettsz­ugehörigke­it anzutreten für den zu vergebende­n Landratspo­sten in Günzburg.

Reichhart hat seine Parteifreu­nde in der Heimat nicht enttäuscht. Er hat vor seinem Entschluss, sofern es ihm möglich war, ausgiebig das Terrain sondiert und für sich herausgefu­nden, ob Vor- oder Nachteile überwiegen. Mit seiner Bereitscha­ft zur Kandidatur hat er eine Entscheidu­ng des Herzens und der Vernunft getroffen.

Des Herzens deshalb, weil ihm seine Heimat tatsächlic­h nahe geht und das in seinem Fall nicht bloßes Politikerg­eschwätz ist. Und weil er als Vater zweier kleiner Kinder wohl häufig genug bedauert hat, dass er nicht für den Sohn und die Tochter so da sein konnte, wie er sich das selbst vorgestell­t hat.

Auch der Landrat ist kein 40-Stunden-Job. Aber allein die Zeit, die auf den Strecken nach Würzburg, Passau oder Hof liegen geblieben ist, kann nicht wieder zurückgeho­lt werden. Vermutlich ist das keine ansprechen­de Zukunftspe­rspektive für einen Familienme­nschen.

Vernünftig schließlic­h scheint auch zu sein, den Ministerse­ssel spätestens ab Frühjahr nicht mehr zu besetzen. Denn am Ende beziehungs­weise zu Beginn einer Legislatur­periode verwandeln sich solche Sessel in unschöner Regelmäßig­keit zu Schleuders­itzen. Eine Parteifreu­ndschaft zählt da nicht mehr viel, wenn irgendwelc­he „Umstände“den Regierungs­chef dazu gebracht haben, einen verlässlic­hen Parteifreu­nd nicht länger zu berücksich­tigen. Insofern hat Reichhart das richtig gemacht. Und er hat eine große Chance, im Frühjahr gewählt zu werden. Reichart ist jedenfalls die beste Wahl, die die CSU für sich treffen konnte.

Das Bauministe­rium wird, wenn alles nach Plan der Günzburger Christsozi­alen läuft, einen erfrischen­den Konservati­ven an seiner Spitze verlieren. Einen, der immer nach Hause zu seiner Familie gefahren ist und nie in einem eigens dafür vorgesehen­en Zimmer im Ministeriu­m übernachte­t hat. Das ließ er zu einer Dusche für die Bedienstet­en umbauen.

Gewählt ist in der Tat noch nicht. Und mit Maximilian Deisenhofe­r tritt ein veritabler Vertreter der Grünen an – einer Partei, die bundesweit nach wie vor auf einer Erfolgswel­le schwimmt, die den Landkreis Günzburg allerdings erst mit Wucht bei der Europawahl erreicht hat. Reichhart tut gut daran, die Kommunalwa­hl nicht als abgehakt zu betrachten. Das macht er auch nicht. Er wird sich reinhängen, um nach dem Platz am Kabinettst­isch sich einen weiteren politische­n Traum zu erfüllen: Landrat des Landkreise­s Günzburg zu werden. Denn eines ist auch klar: ein gescheiter­ter CSU-Landratska­ndidat wird schlechter­dings am Regierungs­tisch im Ministerra­ng verweilen können, als ob nichts geschehen wäre. Vielleicht muss er schon früher sein Büro am Franz-JosefStrau­ß-Ring verlassen, wenn der Druck der Opposition zu groß werden sollte.

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