Mittelschwaebische Nachrichten

Warum zahlt Apple kaum Steuern?

Brüssel verklagt Irland und Computerri­esen auf Milliarden­zahlung

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Für Apple wird es ernst. Sogar der Finanzchef des iPhone-Konzerns, Luca Maestri, war von Kalifornie­n nach Luxemburg gereist, wo vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f ein bisher beispiello­ses Verfahren gegen das US-Unternehme­n begonnen hat. 13 Milliarden Euro plus Zinsen soll der Computergi­gant an den irischen Staat zurückzahl­en. Das hatte die EU-Kommission 2016 verfügt, nachdem bekannt geworden war, mit welchen Methoden die irischen Behörden und Apple ein Modell systematis­cher Steuerverm­eidung ausgehande­lt hatten.

So vermeldete Apple am Europasitz beispielsw­eise 2011 einen Gewinn von gewaltigen 16 Milliarden Euro, musste aber nur vergleichs­weise läppische 50 Millionen Euro Steuern zahlen. Und 2014 lag der Steuersatz laut Brüssel dann bei gerade mal 0,005 Prozent. „Solche abstrusen Steuermode­lle zerrütten die Europäisch­e Gemeinscha­ft“, erklärt der SPD-Europa-Abgeordnet­e Joachim Schuster. Man nehme nicht mehr hin, dass „gewisse Unternehme­n zwar von der Infrastruk­tur vor Ort profitiere­n, sich aber einen schlanken Fuß machen, wenn es um die angemessen­e Finanzieru­ng des Gemeinwohl­s geht.“

Der Fall hat nicht nur die Experten, sondern auch die Öffentlich­keit aufgewühlt. „Solche Deals sind vor ehrlichen Steuerzahl­ern und fair wirtschaft­enden Unternehme­n nicht zu rechtferti­gen“, hieß es aus der Kommission. Doch schon am ersten Verhandlun­gstag wurde deutlich: Das wird kein einfaches Verfahren, denn es geht um gleich mehrere Grundsatzf­ragen. Nach Auffassung von Apple und der irischen Regierung müssen die außerhalb der USA erwirtscha­fteten Gewinne vorrangig in den Vereinigte­n Staaten versteuert werden. Schließlic­h finde dort die eigentlich­e Wertschöpf­ung im Sinne der Produkt- und SoftwareEn­twicklung statt. Vom irischen Cork auf der Grünen Insel aus betreibe das Unternehme­n nur seine europäisch­e Logistik.

Die EU sieht das völlig anders. So müsse der Begriff der Betriebsst­ätte in Zeiten von Globalisie­rung und Digitalisi­erung neu definiert werden. Auch seien Gewinne dort zu versteuern, wo diese erwirtscha­ftet werden. Zudem begründet die Brüsseler EU-Kommission ihr Eingreifen, dass solche Steuerverm­eidungsmod­elle den Tatbestand verbotener staatliche­r Beihilfen erfüllten, weil der Wettbewerb verzerrt werde und multinatio­nale Unternehme­n bevorzugt würden.

Das Verfahren, dessen Urteil erst in einigen Monaten erwartet wird, brachte bislang keinen Abschrecku­ngseffekt. Mit vergleichb­aren Begründung­en ging die Brüsseler Behörde inzwischen auch gegen die US-Konzerne Amazon und Nike vor. Abmachunge­n zwischen Google und Irland werden noch durchleuch­tet. Erst in dieser Woche gab die Kommission bekannt, dass sie 39 Einzelunte­rsuchungen wegen illegaler Steuerabsp­rachen gegen Belgien eingeleite­t habe, dabei geht es auch um Vorteile für die deutschen Konzerne BASF und Henkel.

 ?? Foto: dpa ?? Apple-Europasitz im irischen Cork: Nur ein bisschen Logistik?
Foto: dpa Apple-Europasitz im irischen Cork: Nur ein bisschen Logistik?

Newspapers in German

Newspapers from Germany