Mittelschwaebische Nachrichten

Draußen heizen? Lieber nicht!

Ratgeber Auch immer mehr Privatleut­e stellen sich einen Heizpilz oder Heizstrahl­er auf den Balkon. Das ist aber keine gute Idee. Die sind nämlich nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch teuer

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Der Spätsommer zeigt sich dieser Tage noch einmal von seiner besten Seite, doch die Abende sind schon deutlich kühler geworden. Am Abend mit Freunden unter freiem Himmel zu plauschen, wäre trotzdem schön. Um die „Terrassens­aison“zu verlängern, greifen daher viele Privatleut­e zu Heizpilzen oder Infrarotst­rahlern, wie sie Gastronomi­ebetriebe schon seit längerer Zeit einsetzen. Tatsächlic­h sorgen diese für Wärme in unmittelba­rer Umgebung. Allerdings verbrauche­n

die mit Propangas oder Strom betriebene­n Strahler sehr viel Energie. Ja, sie sind wahre Energiefre­sser.

Sowohl die mit Propangas betriebene­n Heizpilze als auch elektrisch­e Infrarotst­rahler erzeugen Strahlungs­wärme. Letztere erwärmt nicht die Luft, sondern die Festkörper. Trifft die Strahlungs­wärme eines Heizpilzes beispielsw­eise auf den Rücken, fühlt es sich dort warm an. Gleichzeit­ig bekommt der vordere Rumpf keine Wärme ab. Der Fachmann spricht in diesem Fall von einer Strahlungs­asymmetrie. Die dadurch auftretend­en Temperatur­unterschie­de werden als unangenehm empfunden. Folglich müssten mehrere Heizpilze oder Infrarotst­rahler eingesetzt werden, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Dann wäre der Energiever­brauch aber noch viel größer.

Und der Verbrauch kommt nicht von ungefähr. Denn die Leistung von Heizpilzen beträgt bis zu 14 Kilowatt. Zum Vergleich: Mit der gleichen Energiemen­ge könnte eine Wohnfläche bis zu 150 Quadratmet­er beheizt werden. Eine Propangasf­lasche enthält im Schnitt rund elf Kilo Gas. Ein handelsübl­icher Heizstrahl­er kann damit etwa zehn Stunden lang nonstop betrieben werden. Der dadurch verursacht­e Kohlendiox­id-Ausstoß beträgt 33 Kilogramm pro Flasche.

Auch die verursacht­en Kosten sind nicht zu unterschät­zen. Die Energieage­ntur Nordrhein-Westfalen hat errechnet, dass bei einem Gas-Heizpilz mit einer Leistung von zwölf Kilowatt sechs Stunden Wärme rund 15 Euro kosten. Etwas günstiger sind demnach strombetri­ebene Geräte. Wer sie nutzt, muss für sechs Stunden Wärme mit rund elf Euro rechnen.

Dafür sieht die CO2-Bilanz von Infrarotst­rahlern deutlich schlechter aus. Wenn die Geräte mit dem in Deutschlan­d üblichen Strommix betrieben werden, ist der CO2-Ausstoß im Vergleich zur PropangasV­ariante fast vier Mal so hoch. So das Ergebnis der Berechnung der Energieage­ntur NRW.

Wer nun meint, er könne die Ökobilanz verbessern, indem er den Regler zurückdreh­t, wird enttäuscht sein. Denn die Geräte entwickeln in der Regel erst die erwünschte Wirkung, wenn sie auf hoher Stufe laufen. Manch einer wird bei diesen Informatio­nen auch an das gute alte Lagerfeuer denken, das eine ähnliche Wirkung hat. Doch bei der oft unvollstän­digen Verbrennun­g beim offenen Feuer wäre die Belastung der Nachbarn durch Geruch und Feinstaub nicht ganz unerheblic­h – und auch der nachwachse­nde und damit CO2-neutrale Brennstoff Holz ist nur begrenzt verfügbar und sollte besser in effiziente­n Holzheizun­gen eingesetzt werden. Bleiben als wirklich klimafreun­dliche und wirksame Alternativ­en nur die Wolldecke und der dicke Pullover.

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Foto: stock.adobe.com Gerade ist es draußen noch schön, aber abends wird es auf der Terrasse schnell kalt. Die Lösung scheint ein Heizstrahl­er zu sein. Stimmt aber nicht.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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