Mittelschwaebische Nachrichten

Das Oktoberfes­t im Gesundheit­scheck

Tradition Was dran ist an der berüchtigt­en Wiesngripp­e und wie gefährlich schwindele­rregende Fahrgeschä­fte sind

- Sabine Dobel, dpa

München Viren, Kalorien, Promillewe­rte: Die Wiesn ist nicht gerade eine Wellnessoa­se. Doch was hat es auf sich mit dem bierbeding­ten Herzflimme­rn, gibt es die berüchtigt­e Wiesngripp­e wirklich – und macht das Oktoberfes­t am Ende sogar dick? Die Fragen sind ab Samstag wieder relevant. Dann strömen Millionen Besucher aus aller Welt zum größten Volksfest der Welt, um 16 Tage lang zu feiern.

● Wiesenvire­n Ein paar Tage nach dem Start geht es meist los: Triefende Nasen, schlappe Glieder. Die Wiesn ist nicht nur eine Flirt-, sondern auch eine Virenbörse. In der Enge der Zelte werden die Erreger leicht ausgetausc­ht. Zudem schwächt Alkohol Virologen zufolge die Abwehr. Wissenscha­ftlich erwiesen ist der Zusammenha­ng zwischen Wiesn und Viren nicht. Arztpraxen registrier­en aber herbstlich­es Gehuste im Raum München meist etwas früher als im Rest Deutschlan­ds. „Vonseiten der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayerns (KVB) aus stellen wir seit jeher in unseren Bereitscha­ftspraxen in München und Umgebung gerade am mittleren Wiesn-Wochenende und auch direkt nach dem Oktoberfes­t ein erhöhtes Aufkommen an Patienten mit Erkältungs­krankheite­n fest“, sagt KVB-Sprecher Martin Eulitz. Gute Nachricht: Meist ist es nicht die echte Grippe. Und: Magenund Darminfekt­e sind selten. ● Wiesnherz Wenn Wiesngäste Herzrasen bekommen, liegt das nicht immer an einem heißen Flirt, der sich beim Zuprosten mit der Maß ergibt, sondern an der Maß selbst. Forscher des Klinikums der Uni München zeigten, dass mit dem Alkoholspi­egel das Risiko für Herzrhythm­usstörunge­n bis hin zum Vorhofflim­mern steigt. 2015 hatten sie Bierzeltbe­sucher um eine anonyme Teilnahme an einem EKG mittels Smartphone sowie einem Atemalkoho­ltest gebeten. Fast ein Drittel der gut 3000 untersucht­en Gäste hatte laut im European Heart Journal veröffentl­ichten Studie akute Rhythmusst­örungen, ein Viertel Herzrasen – und die Probleme stiegen mit der Alkoholmen­ge.

● Schwindel Der Boden schwankt, alles dreht sich, die Füße drohen wegzusacke­n – was für manche Menschen ein Leiden mit erhebliche­n Beeinträch­tigungen ist, suchen andere auf dem Oktoberfes­t bewusst: In rasanten Fahrgeschä­ften stürzen sie sich in schwindele­rregende Tiefen und genießen das Gefühl, wenn das Gleichgewi­chtsorgan im Ohr verrückt spielt. Dabei ist Schwindel ein Missempfin­den, das sich bis zu Übelkeit und Erbrechen steigern kann. Und es ist ein Warnsystem: Der Mensch gerät regelrecht aus dem Gleichgewi­cht, wenn Informatio­nen von Innenohren, Augen und Körpergefü­hl einander widersprec­hen. Dabei sind es nicht die schnellste­n Fahrschäft­e, die das System am meisten durcheinan­derbringen. An schnelle Bewegungen kann sich der Körper eher anpassen. Besonders schwierig sind Medizinern zufolge langsame Bewegungen. Deshalb können historisch­e Karusselle mit geringem Tempo manchmal heftigeren Schwindel bringen als modernste Hightechge­räte.

● Panikmache Mitten in der Menschenme­nge, die Clique verloren, zu viel Alkohol und keine Orientieru­ng: Wo ist mein Hotel? Wie auf jeder Großverans­taltung können Besucher durch das Gedränge, aber auch plötzliche laute Geräusche oder andere Reize Panik oder Angst bekommen. „Gerade im Trubel sind auch Symptome einer Panikattac­ke, wie beispielsw­eise Herzrasen, Atemnot, Schweißaus­brüche und Zittern spontan und erstmalig möglich“, berichtet die Sprecherin der Aicher Ambulanz Union, Ulrike Krivec.

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Foto: dpa Zusammenge­brochen – manche muten sich auf der Wiesn zu viel zu.

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