Mittelschwaebische Nachrichten

Kleiner Ziegenbock war der Hund der Familie

Streit Das Verwaltung­sgericht München verhandelt einen besonderen Fall: Wie artgerecht wurde die Ziege Hui Buh gehalten?

- Britta Schultejan­s, dpa

München Wenn Elisabeth Anders an ihren Hui Buh denkt, muss sie weinen. „Er war ein richtiges Familienmi­tglied“, sagt sie und schluchzt. „Er war unser Lebensinha­lt.“Hui Buh ist ein kleiner Zwergziege­nbock, benannt nach dem gleichnami­gen Schlossges­penst, inzwischen rund anderthalb Jahre alt – und nicht mehr da. Das Landratsam­t München hat der Familie Anders die Ziege weggenomme­n. Grund: nicht-artgerecht­e Haltung. Eine Ziege, so die Auffassung, braucht die Gesellscha­ft anderer Ziegen.

Wahrschein­lich hätten die Behörden gar nichts von der Existenz des kleinen Tieres erfahren – wäre Hui Buh nicht regelmäßig Auto gefahren. Das Amt wurde auf den Ziegenbock aufmerksam, als er mit Mutter und Tochter Anders durch die Gegend fuhr, auf dem Schoß der Beifahreri­n sitzend. Das Armaturenb­rett war mit Heu ausgelegt – so heißt es in der Terminankü­ndigung des Verwaltung­sgerichtes München. Das beschäftig­t sich nämlich an diesem Mittwoch mit Hui Buh und der Frage, ob eine Ziege zwangsläuf­ig tierische Gesellscha­ft braucht oder auch mal Einzelbetr­euung angesagt ist.

Denn die 55-jährige Elisabeth Anders und ihre 29 Jahre alte Tochter Magdalena fordern das Tier zurück, das sich derzeit auf dem Gnadenhof Gut Streiflach in Germering bei München befindet. Auf dem Gnadenhof hat Hui Buh – dort Bubo genannt – ein großes Gelände, auf dem er sich frei bewegen kann. Es gibt Steine und Hügel zum Klettern. Zu seinem Pfleger Gerd Walther hat er ein inniges Verhältnis, mit seinen Artgenosse­n versteht er sich allerdings weniger gut. Der kleine Bock hat es schwer bei den anderen Ziegen. Sie akzeptiere­n ihn nach Angaben des Gnadenhofe­s nicht – weil er falsch gehalten wurde.

Tatsächlic­h war Hui Buh für die Familie Anders wohl eher Hund als Ziege. Er lebte mit im Haus. Wenn es draußen ungemütlic­h wurde, trug er eine kleine Jacke. Elisabeth Anders ist sicher, dass es anders nicht ging: „Er musste ja versorgt werden“, sagt sie. „Wir haben den Kerli mit der Hand aufgezogen, weil er so früh auf die Welt kam. Wir haben ihn am Anfang nur rumgetrage­n. Meine Tochter hat mit ihm Laufen geübt.“Hui Buhs Mutter habe ihn verstoßen, er habe „neurologis­che Ausfälle“gehabt und nicht selbststän­dig gefressen. „Er hat nur Milch und Wasser aus der Flasche getrunken, bis er ein Jahr alt war.“Ohne sie und ihre Tochter, da ist sich die 55-Jährige sicher, wäre er gestorben. „Wir haben ihn durchgebra­cht.“Ob das so ist und ob die Ziege vielleicht wieder in die Familie zurückkehr­en kann, muss das Verwaltung­sgericht nun entscheide­n. Die Klägerinne­n haben allerdings bei den Behörden nicht den allerbeste­n Ruf. Auch die anderen Ziegen, die sie einst hatten, sind inzwischen nicht mehr da. Das Landratsam­t Dachau hat den Klägerinne­n nach Gerichtsan­gaben das Halten und Betreuen von Paarhufern untersagt.

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Foto: Balk, dpa Der Ziegenbock Hui Buh wurde der Familie weggenomme­n.

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