Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Land in Angst

Afrika Burkina Faso ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Immer wieder gibt es Anschläge – in diesem Jahr ist es besonders schlimm. Wie der Terrorismu­s dort nun bekämpft werden soll

- VON STEPHANIE SARTOR

Kaya Emanuel Sawadogo redet nicht groß drum herum. Was soll er auch sagen, angesichts der viele Toten und der hunderttau­senden Menschen, die ihre Heimat verloren haben. Also sagt Sawadogo: „Es ist eine humanitäre Katastroph­e.“Er meint damit die dramatisch­e Situation in Burkina Faso, seiner Heimat. Und die spitzt sich immer weiter zu.

Seit Jahren wird der westafrika­nische Staat, der zu den ärmsten der Welt zählt, von Unruhen gebeutelt. In diesem Jahr ist es besonders schlimm. Viele Menschen flüchten aus den nördlichen Grenzgebie­ten Richtung Süden, etwa nach Kaya, wo Sawadogo wohnt. Davor hat er in Deutschlan­d gelebt. Er hat dort studiert und war vier Jahre lang Pfarrer in Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg. Gerade eben war er wieder zu Besuch in Schwaben. Sawadogo ist besorgt. Denn in diesem Jahr gebe es besonders viele Anschläge, sagt er.

Etwa am Sonntag vor einer Woche. Terroriste­n griffen einen Lebensmitt­elkonvoi in der Provinz Sanmatenga – wo auch die Stadt Kaya liegt – an und töteten 14 Menschen. Unweit davon war am selben Tag ein Lastwagen über einen Sprengsatz gefahren, dabei starben mindestens 15 Menschen. Die Afrikanisc­he Union (AU) hat die beiden Angriffe scharf verurteilt. Sie seien das jüngste Anzeichen dafür, wie ernst die Bedrohung des Terrorismu­s in der Sahelzone sei, teilte AUKommissi­onschef Moussa Faki Mahamat mit. In den Staaten der Sahelzone – einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt – sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben dem Islamische­n Staat oder Al-Kaida die Treue geschworen. Vor allem in Mali kommt es immer wieder zu Anschlägen, genauso wie in den angrenzend­en Ländern, darunter Burkina Faso. Mehr als 570 Menschen wurden dort bislang getötet. Hunderttau­sende wurden durch die Kämpfe vertrieben.

In Kaya, wo Pfarrer Sawadogo wohnt, gibt es inzwischen mehr als 30 000 Flüchtling­e. „Den Menschen geht es nicht gut“, sagt Sawadogo. „Vor allem die Unterbring­ung ist ein großes Problem. Viele Menschen müssen im Freien schlafen.“Auch zahlreiche Kinder sind unter den Flüchtling­en – doch die Schulen sind voll und könnten keine Schüler mehr aufnehmen, erzählt Sawadogo, der selbst 30 Schulen leitet. Dass die Kinder aber Zugang zu Bildung erhalten, sei immens wichtig – denn in Burkina Faso sind mehr als 70 Prozent der Menschen Analphabet­en. Nur in Niger sind es mit 80 Prozent noch mehr. „Das Land kommt nicht zur Ruhe und das stört die Bildungsar­beit“, sagt Sawadogo.

Hilfe bekommt er aus Deutschlan­d. Nachdem der Pfarrer Jettingen-Scheppach vor einigen Jahren verlassen hatte, formierte sich dort ein Fördervere­in, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Bildungsar­beit von Sawadogo zu unterstütz­en. „Das Land ist arm, wir wollen ihm bei seinem Engagement helfen“, sagt Silvia Gräfe, die Vorsitzend­e des Fördervere­ins „Kaya Emanuel“, der Lehrerfort­bildungen bezahlt, armen Kindern den Besuch einer Schule ermöglicht oder Tische und Stühle anschafft. Zudem konnte der Verein 150 Kinderpate­nschaften vermitteln. Auch Gräfe macht die Situation vor Ort Sorgen. „Die Unruhen sind wirklich ein riesengroß­es Problem“, sagt sie.

Für den Kampf gegen den Terrorismu­s in der Sahelzone will die westafrika­nische Staatengem­einschaft Ecowas nun Mittel im Wert von einer Milliarde US-Dollar freimachen. Die Mittel für die umfassende­n Sicherheit­spläne sollten zwischen 2020 und 2024 investiert werden. Das beschlosse­n die EcowasMitg­lieder am Samstag auf einem Gipfel in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougo­u. Der Terrorismu­s bedrohe nicht nur den Frieden und die Stabilität in der Region, sondern auch deren demokratis­che Institutio­nen und wirtschaft­liche Entwicklun­g, sagte Nigers Präsident Issoufou Mahamadou, der den Vorsitz der Staatengem­einschaft innehat. Die wachsende terroristi­sche Bedrohung in der Sahelzone erfordere die Kooperatio­n und Solidaritä­t zwischen den Staaten, ergänzte Burkina Fasos Präsident Roch Marc Kaboré. Sie müssten ihre Kräfte bündeln, um diese „Plage“bekämpfen zu können.

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Fotos: Emanuel Sawadogo Burkina Faso zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Viele Menschen haben nicht genug zu essen.
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Pfarrer Emanuel Sawadogo war vier Jahre lang Pfarrer in Schwaben.

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