Mittelschwaebische Nachrichten
Flucht endet an der Glastür
Amtsgericht Ein 23-Jähriger will nicht zurück in Haft. Mit einem Trick flieht er vor der Polizei – kommt aber nicht weit
Günzburg Für eine so kleine Einrichtung, wie Direktor Walter Henle das Günzburger Amtsgericht bezeichnet, war es ein „außergewöhnlicher Zwischenfall“, der sich am Montag ereignet hat: Ein 23-Jähriger wollte nach einem Haftprüfungstermin nicht in die Justizvollzugsanstalt nach Memmingen zurückgebracht werden und versuchte zu flüchten. Seine Flucht endete jedoch nach wenigen Metern, er prallte gegen die verschlossene Glastüre des Eingangsbereichs und konnte durch Justiz- und Polizeibeamte überwältigt und gefesselt werden. „Zum ersten Mal hat sich die Sicherheitsschleuse wirklich bewährt“, freute sich Henle.
Dass der 23-jährige junge Mann am Montagmorgen bereits in Handschellen in Günzburg im Gerichtssaal landete, hatte er sich selbst eingebrockt. Wegen einer Bewährungsstrafe und Fahren ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen hätte er Mitte Juli zu einer öffentlichen Hauptverhandlung am Gericht erscheinen müssen, berichtete Amtsgerichtsdirektor Henle. Er kam jedoch nicht, woraufhin ein Haftbefehl erging. Der junge Mann war aber in der Zwischenzeit, ohne seinem Bewährungshelfer Bescheid zu geben, in die Türkei gereist.
Bei seiner Wiedereinreise am Flughafen in München wurde der 23-Jährige Anfang September vorläufig festgenommen, saß erst in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim ein, dann in Memmingen. Nach seinem Antrag auf mündliche Haftprüfung musste er sich am Montag vor Walter Henle erklären. Warum er im Juli unentschuldigt der Verhandlung ferngeblieben war und auch nichts mit seinem Bewährungshelfer abgesprochen hatte, konnte er nicht so recht erklären. Es sei ihm schlecht gegangen, aber er habe sich nicht vom Acker machen wollen, seine Familie lebe ja hier. Henle hatte da wohl so seine Zweifel, wie er unserer Zeitung mitteilte, und hielt den Haftbefehl aufrecht. Im Gegenzug beraumte er einen neuen Hauptverhandlungstermin für den 17. Oktober an.
Ganz offensichtlich hatte der 23-Jährige keine Lust mehr, wieder einzusitzen und entschloss sich spontan zu einem Fluchtversuch. Als ihn zwei Polizisten abführen wollten, bat er darum, noch kurz auf die Toilette gehen zu dürfen. Die Beamten nahmen ihm dazu die Handschellen ab und warteten vor der Türe. Kurz darauf habe der junge Mann die Türe von innen aufgerissen, die überraschten Polizisten zur Seite gestoßen und sei das Treppenhaus hinuntergerannt.
Henle, der dies mitbekam, habe noch gerufen, die Türen zu verriegeln. Da sei der Flüchtige schon gegen die verschlossene Glastür im Eingangsbereich geprallt und von zwei Justizbeamten überwältigt worden. Im Aufzug zur Tiefgarage habe er dann noch versucht, sich selbst zu verletzen und den Kopf zweimal gegen die Aufzugstüre gestoßen. Seinen Abtransport nach Memmingen konnte er damit aber nicht verhindern. Strafrechtlich hat der Vorfall für den Mann keine
Strafrechtlich hat es keine Konsequenzen
Konsequenzen, so Henle, ein Fluchtversuch sei keine Straftat. Aber für die anschließende Haft werde es sicherlich Disziplinarmaßnahmen zur Folge haben.
Für Walter Henle war es in seiner langjährigen Laufbahn am Günzburger Amtsgericht erst das zweite Mal, dass ein Angeklagter einen Fluchtversuch gewagt hat. Anfang der 90er Jahre war es einem Mann tatsächlich in einer Verhandlungspause gelungen, abzuhauen. Erst zwei Monate später wurde er gefasst.