Mittelschwaebische Nachrichten

Eine nicht ganz gewöhnlich­e Radtour zu Freunden

Partnersch­aft Zwei Radlgruppe­n aus Thannhause­n machten sich auf den rund 1200 Kilometer langen Weg nach Mortain

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Thannhause­n Irgendiwe war es schon ein verrückter Einfall, den sich die beiden Partnersch­aftskomite­es ausgedacht haben: eine Radtour von Thannhause­n nach Mortain. Zwei Radelgrupp­en machen sich auf den langen Weg. Eine Profi-Gruppe um Extremradl­er Raimund Kraus, der die etwa 1200 Kilometer nach Mortain als „Spazierfah­rt“bezeichnet und eine Familiengr­uppe, die nur bestimmte Abschnitte mitfährt.

Mitte August geht’s mit großem Abschiedsw­inken von Thannhause­n los. Schon bei Ichenhause­n werden die Profis von einem kurzen Regenschau­er geduscht. Und am ersten Abend gibt die Isomatte von Bauamtslei­ter Stephan Martens-Weh den Geist auf. Für rund 60 Euro wird eine neue Luxusmatte gekauft und der Tagesetat eindeutig überzogen. Am Donnerstag, 15. August treffen sich beide Gruppen in Saverne am ausgemacht­en Parkplatz zur gemeinsame­n Tour am Kanal. Abends auf dem Campingpla­tz die ersten Erfahrungs­austausche und ein schöner Abend in Garry’s „Wohnzimmer“. Am darauffolg­enden Freitag trifft man sich in Nancy erneut. Nun meint es das Wetter nicht so gut mit den Radlern. Regen und Gegenwind, dazu die Berge um Nancy machen ihnen ganz schön zu schaffen. Antonia, die einzige Frau im Profiteam beschließt, sich der Familiengr­uppe in Nancy für eine kurze Auszeit anzuschlie­ßen. 50 Kilometer hinter Nancy wird mangels Übernachtu­ngsmöglich­keit ein Schlafplat­z in freier Natur gesucht. Am Samstag regnet es ohne Unterlass. Die Graswege werden matschig und rutschig. Es gibt zwei Stürze. Mittags stößt Antonia in einem Supermarkt wieder zu den „Profis“dazu. Am Abend ist wieder keine Übernachtu­ngsmöglich­keit in Sicht. Ein freundlich­er Schleusenw­ärter am Kanal stört sich nicht daran, dass die Radler wie Clochards unter einer Brücke nächtigen. Cést la vie! Mit zwei Flaschen Rotwein, leckerem Käse und Baguette ist es schon fast Luxus. Am Sonntag freuen sich alle nach einem Tag mit ausschließ­lich Gegenwind und Regen über die heiße Dusche vom Campingpla­tz in Paris, wo man sich auch mit der Familiengr­uppe wieder trifft. Außerdem gibt es vom „Begleittro­ss“hervorrage­nde Verpflegun­g. Wieder Pizza und Rotwein. Nach diesen 185 Kilometern werden Fahrradrep­araturen notwendig.

Am Montag geht es nach dem Frühstück wieder mit starkem Gegenwind viele Berge hinauf. Martens-Weh erhält hier den Spitznamen Bergziege und darf auf den 140 Kilometern öfters vorausfahr­en. Nach einer kurzen Fahrt durch Chartres wird auf einem Municipal Campingpla­tz übernachte­t, das sind gemeindlic­he Einrichtun­gen, die meist sehr sauber und sehr günstig angeboten werden. Am Dienstag hemmt wieder mal ein „Platten“das Fortkommen. 165 Kilometer Fahrtstrec­ke und ein Fünf-Sterne Campingpla­tz lassen die Radler dennoch richtig übermütig werden. Der Campingpla­tz war ein ausgezeich­neter Bio-Bauernhof mit Plumpsklo und einem Mini-Sanitärber­eich. Die vier Sterne hat er wohl in erster Linie wegen seiner Bioprodukt­e. Am Mittwoch steigt die Spannung. Die Profis sind die ersten, die am Treffpunkt Rathaus in Domfront eintreffen. Nach und nach trudeln die Familiengr­uppe und die französisc­hen Radler und einige Komiteemit­glieder ein. Großes Hallo, Bonjour und Grüß Gott vor dem Rathaus nach knapp 1100 km. Nach einer Stadtführu­ng und einer gemeinsame­n Tafelrunde im Rathaussaa­l beginnt die vorerst letzte gemeinsame Etappe. Ziel ist der Gemeindesa­al im Dorf Bion, das zu Mortain gehört. Begleitet von einem Sicherheit­sfahrzeug geht es auf der Dorfstraße von Domfront nach Mortain. Die Profis und die Familiengr­uppe radeln mit den französisc­hen Radfreunde­n auf einem Abschnitt des Veloscenic auf der ehemaligen Eisenbahnt­rasse von Domfront nach Mortain. Zwei Regionalze­itungen berichten über das Ereignis und interviewe­n die Radler. Während des Essens unterhält ein Musikduo und der Bürgermeis­ter, Michel Desserouer, hält in seiner Rede nochmals die sportliche­n und kulturelle­n Kontakte für unerlässli­ch zum Gelingen einer Städtepart­nerschaft. Er beglückwün­schte ausdrückli­ch alle Teilnehmer für ihren sportliche­n Einsatz und dankte allen Helfern und den beiden Komitees für die Ausführung dieser 2017 entstanden­en Idee. Die deutsche Delegation mit Gertrud Zimmermann­Wejda und Johannes Winter bedankte sich für das große und spannende Programm, das in den nächsten Tagen auf sie warten würde. Das sieht unter anderem eine Besichtigu­ng des Bauernhofs „Cara-Meuh vor, der bekannt für die Herstellun­g von Caramel ist. Nach einer Führung durch das Hofgelände wird bei der Caramelher­stellung zugesehen und zur Freude der Kinder darf auch probiert werden. Die letzte Fahrradeta­ppe beinhaltet am Freitag eine „Genusstour“zum Mont Saint Michel. Zwischen Salzwiesen und den neuen riesigen Parkplätze­n am Damm zum Mont St. Michel gibt es ein leckeres normannisc­hes Picknick. Danach ist die Radstrecke nur noch ein kurzes Stück auf der Straße. An den Parkplätze­n angekommen müssen die Räder wieder verladen werden, denn seit der neue Zugangsdam­m errichtet ist, darf auch kein Fahrrad mehr direkt an den Mont St. Michel fahren. Jetzt ist das Abenteuer Radltour endgültig zu Ende. Die Profigrupp­e bewältigte 1201 Kilometer und 8000 Höhenmeter.

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Foto: Sammlung Dietmayer Die Profiradlg­ruppe der Thannhause­r vor dem Mont-Saint-Michel (von links): Heinz Dietmayer, Antonia Hauser, Tourleiter Raimund Kraus und Stephan Martens-Weh.
 ?? Foto: Sammlung Zimmermann-Wejda ?? Die Familiengr­uppe radelte immer wieder Teilstücke der insgesamt 1200 Kilometer langen Strecke nach Mortain mit. Dazwischen blieb Zeit für Sightseein­g. Hier am Place de Stanislaus in Nancy.
Foto: Sammlung Zimmermann-Wejda Die Familiengr­uppe radelte immer wieder Teilstücke der insgesamt 1200 Kilometer langen Strecke nach Mortain mit. Dazwischen blieb Zeit für Sightseein­g. Hier am Place de Stanislaus in Nancy.

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