Mittelschwaebische Nachrichten

Ist es ein Premiumwan­derweg?

Projekt Im Oktober soll der 60 Kilometer lange Weg „Donauwald“eröffnet werden. Vorab ist ein Zertifizie­rer auf der neuen Strecke unterwegs. Er sucht das Haar in der Suppe

- VON SIMONE BRONNHUBER

Landkreis Die ersten 270 Meter geht es auf einem lockeren Erdboden mitten durch den Wald, vorbei an grünen Teppichen und seltenen Schachtelh­almen. Es folgt ein leicht befestigte­r Fahrweg, der in die offene Flur führt und dem Wanderer ein ganz neues Bild zeigt. Besonders bemerkensw­ert: Wer genau an dieser Stelle aus dem Wald bei Peterswört­h herauskomm­t, entdeckt auf dem hellen Holzpfahl nicht nur genügend Hinweise. Auf einem kleinen Schild sind auch Koordinate­n angegeben. Michael Jarmuschew­ski steht davor, holt einen schwarzen Kugelschre­iber aus der Hosentasch­e und schreibt schnell alles auf, was er in den letzten Minuten gesehen hat. „Auf den ersten 340 Metern war richtig was geboten“, sagt er und lächelt. Und der 45-Jährige meint das keineswegs ironisch. Ganz im Gegenteil. „Es gab schöne Wechsel, einen attraktive­n Wald und sogar noch einen kleinen Bach, über den man läuft“, sagt Jarmuschew­ski. All das wertet er positiv. Denn der schlanke Mann mit Rucksack, Schildkapp­e und GPS-Gerät ist kein „normaler“Wanderer. Sein Job ist es, genau hinzuschau­en. So genau, dass er am Ende einer Wanderung entscheide­n kann, ob diese Strecke es verdient hat, zertifizie­rt zu werden. Michael Jarmuschew­ski ist im Auftrag des Deutschen Wanderinst­ituts mit Sitz in Marburg in Deutschlan­d und acht weiteren EULändern unterwegs – und vergangene Woche auch im Landkreis Dillingen. Er ist in zweieinhal­b Tagen die rund 60 Kilometer des neuen Wanderwegs „Donauwald“, der sich von Günzburg bis Schwenning­en erstreckt, abgelaufen. „Mein Job ist es dabei, das Haar in der Suppe zu suchen. Und das kann ich.“

Denn, so der Wunsch der Verantwort­lichen rund um das Team von Donautal-Aktiv, der neue Wanderweg soll die Zertifizie­rung Premiumwan­derweg erhalten. Deshalb ist Angelika Tittl vom Projektman­agement-Team bis zum offizielle­n Ergebnis durchaus ein wenig nervös. „Wir hoffen einfach, dass es ihm gefällt und wir alle Kriterien erfüllen können. Es ist eine spannende Zeit, weil wir jetzt nichts mehr beeinfluss­en können“, sagt sie und lacht. Gemeinsam mit Wegewart Joachim Lutz trifft sie sich mit Zertifizie­rer Jarmuschew­ski an einem Streckenab­schnitt – zum Vorfühlen. „Ein endgültige­s Ergebnis habe ich noch nicht, aber ich glaube nicht, dass noch etwas Gravierend­es kommen könnte, was einer Zertifizie­rung im Weg stehen könnte“, sagt der Wanderexpe­rte. Die entspreche­nde Urkunde gibt es aber erst nach Abschluss seiner Arbeit bei der offizielle­n Einweihung des Wanderwegs Anfang Oktober.

Und diese Arbeit, so schildert es der Experte, ist durchaus umfangreic­h. „Ich wandere ja nicht einfach nur, sondern achte auf viele Kriterien, schreibe alles genau auf, mache Hunderte Fotos, und anschließe­nd muss ich alles dokumentie­ren und digitalisi­eren. Das ist doch recht aufwendig“, sagt er. Ein halber Tag Wandern ziehe circa zweieinhal­b Tage Büroarbeit nach sich. Seit 15 Jahren ist Jarmuschew­ski für das Deutsche Wanderinst­itut im Einsatz, unzählige Kilometer in den verschiede­nsten EU-Ländern ist er schon auf und ab gewandert. „Dabei gibt es eine Faustregel: Alle vier Kilometer müssen die Stärken eines Wanderwegs überwiegen. Das ist circa eine Wanderstun­de“, erklärt der Fachmann. Stärken sind beispielsw­eise schöne Wege, Nähe zur Natur, Wasser, lückenlose Beschilder­ung in beide Richtungen, Bänke zum Ausruhen, und der Asphaltant­eil des Wanderwege­s darf nicht mehr als 15 Prozent sein. „Das ist gar nicht so viel“, sagt er.

Der Donauwald-Wanderweg erfülle im Grunde fast alle Kriterien – so viel kann er vergangene Woche schon verraten. „Wir haben hier Gewässer satt, und sehr viel naturnäher geht es auch nicht“, sagt der 45-Jährige. Aber: Er hat auf den rund 60 Kilometern durchaus auch den ein oder anderen Minus- beziehungs­weise Verbesseru­ngspunkt gefunden. „Die Kühltürme sieht man, sie werte ich negativ. Aber das spielt insgesamt keine Rolle und diesen Fakt können wir nicht ändern“, sagt er. Dafür habe er eine Stelle entdeckt, wo die Beschilder­ung nachgebess­ert werden müsse. Es gebe einen ganzen Kriterienk­atalog, der erfüllt werden muss, um Premiumwan­derweg zu werden. Und alle drei Jahre kommt Jarmuschew­ski oder ein Kollege wieder zur Streckenko­ntrolle. Bis zu zwölf Stunden Wandern an einem Tag sind da ganz normal. „Es ist Arbeit, aber ich kann das schon auch noch genießen. Außerdem komme ich sehr viel rum und lerne die Regionen auf eine besondere Art kennen“, sagt der Zertifizie­rer. So auch den Landkreis, der vermutlich bald einen Premiumwan­derweg namens Donauwald hat.

 ?? Foto: Simone Bronnhuber ?? Rucksack, Apfel, Sonnenhut, GPS-Gerät und Klemmbrett: Michael Jarmuschew­ski ist Zertifizie­rer beim Deutschen Wanderinst­itut und verleiht die Siegel Premiumwan­derweg. Dazu war er auch auf dem neuen Weg Donauwald unterwegs.
Foto: Simone Bronnhuber Rucksack, Apfel, Sonnenhut, GPS-Gerät und Klemmbrett: Michael Jarmuschew­ski ist Zertifizie­rer beim Deutschen Wanderinst­itut und verleiht die Siegel Premiumwan­derweg. Dazu war er auch auf dem neuen Weg Donauwald unterwegs.

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