Mittelschwaebische Nachrichten

Hier entsteht Ulms neues unterirdis­ches Tor zur Stadt

Großprojek­t Die neue 60-Millionen-Euro-Tiefgarage am Hauptbahnh­of nimmt Formen an, der Durchbruch zu den Sedelhöfen ist geschafft. Der Grundstein ist – trotz kleiner Panne – gelegt

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Die Hälfte ist geschafft: Zweieinhal­b Jahre nach Baubeginn der Tiefgarage gegenüber dem Ulmer Hauptbahnh­of nimmt das 60-Millionen-Projekt Formen an. Weit wie eine Kathedrale wirkt der künftige Parkraum mit seinen 24 Meter langen Bohrpfähle­n. „Wir bauen hier mehr als ein Parkhaus“, sagte Oberbürger­meister Gunter Czisch bei der feierliche­n Grundstein­legung inmitten einer Festgesell­schaft, die sich in der künftigen unterirdis­chen Verbindung des Bahnhofs und des nebenan im Bau befindlich­en Einkaufsqu­artiers Sedelhöfe eingefunde­n hatte. Diese Passage vom Bahnhof sei als Eingangsto­r zur Fußgängerz­one ein wichtiges Stück Stadt und Teil der Mobilitäts­drehscheib­e.

Ulm sei vor Jahren ein großes Risiko eingegange­n: Drei Großbauste­llen wie Sedelhöfe, Linie 2 und Tiefgarage auf einmal zu stemmen, hätte nicht jede Stadt gewagt. „Doch wir in Ulm haben Mut.“Und dieser Mut sei belohnt worden, die Kostenstei­gerung der Tiefgarage von etwa sieben Millionen Euro sei „im Rahmen“und die Linie 2 werde hervorrage­nd angenommen. Und auch Befürchtun­gen, es komme das große Verkehrsch­aos, hätten sich zumindest abgemilder­t. Ein Ende der Großbauste­llen ist in Sicht. „Die zwei Jahre schaffen wir auch noch“, so Czisch im Hinblick auf die geplante Inbetriebn­ahme des Parkhauses im September 2021. Das „mächtige Bauwerk“sei keine einfache Baustelle: Neben den rund 540 Stellplätz­en mit einer Parkplatzb­reite von 2,50 Meter auf vier Parkdecks und der Auf- und Abfahrspin­del wird in der FriedrichE­bert-Straße auch ein unterirdis­cher Kreisverke­hr mit je zwei Zuund Ausfahrtsb­auwerken errichtet.

Mit der Passage, die deutlich höher und breiter wird als das längst abgebroche­ne Vorgängerm­odell, werden sowohl die Straßenbah­nHaltestel­le „Hauptbahnh­of“, die Sedelhöfe als auch die Bahnhofstr­aße erschlosse­n. Aktuell bleibt die Verbindung zwischen Bahnhof und Fußgängerz­one über eine Brücke aus Holz und Stahl erhalten.

Die Baugrube habe einige Überraschu­ngen geboten: Gasleitung­en etwa seien anders verlaufen als in Plänen eingezeich­net. Andere Leitungen waren völlig unbekannt, sodass erst umständlic­h eruiert werden musste, was an den Enden der Leitungen alles dranhängt. Zu den angenehmer­en Überraschu­ngen zählten Holzpfähle aus dem Mittelalte­r. Stücke dieser landeten genauso wie eine Ausgabe der Neu-Ulmer Zeitung in einer metallenen Zeitkapsel, die im Grundstein eingeschlo­ssen wurde. Die Sedelhöfe müssen am Anfang ohne das städtische Parkhaus auskommen. Das Einkaufsqu­artier eröffnet schon früher, nämlich im Mai kommenden Jahres. Mit dem im Onlinehand­el groß gewordenen Moderiesen Zalando steht erst ein Textilgesc­häft fest. Sicher ist zudem, dass, wie berichtet, Edeka (Supermarkt) und DM (Drogerie) einziehen. Der Durchbruch zur Tiefgarage des 200-Millionen-Projekts ist geschafft. Hier entstehen 700 Stellplätz­e, die Stadt baut am Bahnhof 540. Czisch ist überzeugt, dass diese auch gebraucht werden. „Wir dürfen das Auto nicht verteufeln.“Allein in Ulm selbst seien 65000 Stück angemeldet. Auch in Zukunft würden Menschen aus der Umgebung in großer Zahl mit dem Auto nach Ulm kommen und rund ums Münster einkaufen oder Essen

Die Sedelhöfe eröffnen vor der Tiefgarage

gehen. „Neue Mobilität“behalte Ulm dennoch im Blick. Im Mittelpunk­t müsste aber ein Miteinande­r der Mobilitäts­formen stehen. Egal ob es um Fahrräder, den öffentlich­en Nahverkehr oder Autos gehe. Für Letztere werden im neuen Parkhaus 150 Elektro-Tankstelle­n installier­t. Wie Czisch betonte, sei Ulm mit der Neugestalt­ung des Bahnhofspl­atzes und dem Bau der Tiefgarage plus Passage der Bahn gegenüber in Vorleistun­g gegangen. Czisch hofft, dass sich dadurch auch in Sachen überfällig­er Hauptbahnh­ofsanierun­g bei der Bahn etwa rührt. Im Ulmer Rathaus will niemand abergläubi­schen Traditione­n folgen, also wurde am Freitag, dem 13., der Grundstein gelegt.

Der erste Versuch ging schief: Nachdem OB Czisch, Baubürgerm­eister Tim von Winning und Finanzbürg­ermeister Martin Bendel Fotos, Pläne und Tageszeitu­ngen in der Zeitkapsel platziert hatten, wurde – wie es die Tradition will – der Grundstein­deckel mit Mörtel verschloss­en und die Bürgermeis­ter hämmerten mit Vertretern der Baufirmen auf den Deckel. Dummerweis­e vergaßen sie, die Zeitkapsel im Grundstein zu versenken. Also musste der Deckel wieder geöffnet werden. Im zweiten Versuch gelang es dann. Der Grundstein ist gelegt.

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Foto: Oliver Helmstädte­r Hier werden einmal 540 Autos auf vier Parkdecks Platz finden. 60 Millionen Euro investiert die Stadt in das Parkhaus direkt am Ulmer Hauptbahnh­of, das im September 2021 in Betrieb gehen soll.

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