Mittelschwaebische Nachrichten
„Wir werden einen Innovationsdruck auslösen“
Interview CDU-Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erklärt, wie sie den Klimaschutz voranbringen will
Frau Karliczek, am Freitag stellt das Klimakabinett entscheidende Weichen für den Umweltschutz. Noch sind die Positionen zwischen SPD und Union nicht final geeint. Wird Ihrer Einschätzung nach eine Einigung gelingen oder müssen wir uns darauf einstellen, dass am Ende die Regierung platzt? Anja Karliczek: Die Koalition hat den festen Willen zu einer Einigung zu kommen. Wir kennen unsere Verantwortung und arbeiten hart auf das Ziel zu. Mit diesem Klimapaket wird ein neues Kapitel in der Klimaschutzpolitik aufgeschlagen. Da ist es ganz natürlich, dass die Diskussionen über die einzelnen Maßnahmen intensiv geführt werden.
Der Streit dreht sich um die Frage, ob der CO2-Ausstoß durch eine eigene Steuer oder Zertifikate teurer werden soll. Werden teurere Preise wirklich dem Klima helfen?
Karliczek: Mit der Bepreisung des Ausstoßes von Treibhausgas wird ein Innovationsdruck ausgelöst. Die Bürgerinnen und Bürger müssen diesen Weg in ihrem täglichen Leben aber auch mitgehen können. Darum ist es wichtig, über soziale Abfederung und die Förderung neuer Technologien zu diskutieren. Der Klimaschutz wird nur dann gelingen, wenn möglichst die gesamte Gesellschaft bereit ist mitzuziehen.
Sie haben erklärt, dass es ohne die Unterstützung der deutschen Klimaforschung den Prozess für das Weltklimaabkommen von Paris so nicht gegeben hätte. Sind Sie, was die Klimaforschung angeht, zufrieden mit der Ausstattung Ihres Hauses oder melden Sie im Klimakabinett Wünsche an? Karliczek: Wir müssen unser Wissen über den Klimawandel noch verbreitern. Nur dann ist die Politik in der Lage, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, um den Klimawandel aufzuhalten. Darum werden wir die Klimaforschung über mein Haus auch weiter intensiv unterstützen. Deutschland nimmt in der Klimaforschung eine weltweite Spitzenstellung ein und so soll es bleiben. Gleichzeitig fördern wir die Entwicklung neuer umweltfreundlicher Technologien.
Was planen Sie dabei konkret? Karliczek: Ein großes Thema wird der grüne Wasserstoff sein, der über erneuerbare Energien gewonnen werden soll. Er ist der Energieträger der Zukunft. Die Wasserstoffforschung wird mein Haus deutlich vorantreiben und dafür sollte auch Geld aus dem Klimafonds fließen. Generell werden wir die Erforschung neuer Technologien weiter forcieren. Das muss sich auch im Forschungsetat in den nächsten Jahren widerspiegeln. Klimaschutz Made in Germany soll unser neues Markenzeichen werden. So steigern wir die Wettbewerbsfähigkeit und sichern Arbeitsplätze. Sie fahren am Freitag nach Norwegen und verabschieden im Hafen von Tromsø das deutsche Forschungsschiff Polarstern auf seine Arktisexpedition. Die Arktis wird als Klimaküche der Welt bezeichnet, die auch für Deutschland das Wetter mitkocht. Was erwarten Sie sich an Erkenntnissen von dieser ja wohl größten Arktisexpedition aller Zeiten?
Karliczek: Die Wissenschaft muss den Klimawandel noch besser verstehen. Das Epizentrum des Klimawandels ist derzeit, wie die Forscher sagen, in der Arktis. Das hat auch unmittelbare Folgen für uns. Dürresommer und extreme Kälteeinbrüche im Winter haben ihre Ursache in den Veränderungen in der Arktis. Wir müssen das besser verstehen, um auch zu wissen, wie wir in Deutschland reagieren können. Das erworbene Wissen steht der Welt zur Verfügung, um auch in anderen vom Klimawandel betroffenen Regionen – ich denke da zuallererst an Afrika – Maßnahmen zu ergreifen. Und eines möchte ich auch einmal an dieser Stelle sagen: Die Polarstern-Expedition ist ein fantastisches Projekt. Die Forscher arbeiten unter Extrembedingungen und leisten einen Dienst für die Menschheit.
Interview: Stefan Lange
Anja Karliczek Die Westfälin ist seit dem 14. März letzten Jahres Bundesministerin für Bildung und Forschung. Die CDU-Politikerin ist gelernte Bankkauffrau und war bis zum Einzug in den Deutschen Bundestag in leitender Funktion im Hotel Teutoburger Wald tätig. Karliczek hat drei Kinder.