Mittelschwaebische Nachrichten

Ein harter Brexit rückt näher

EU-Kommission­schef Juncker warnt: „Es bleibt sehr wenig Zeit“

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Hoffnungen auf ein Abkommen mit Großbritan­nien über einen geordneten Austritt am 31. Oktober sinken. „Das Risiko eines No-Deals ist sehr real“, sagte EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker vor dem Europäisch­en Parlament in Straßburg. Zwar bemühe sich die EU weiter intensiv um eine Vereinbaru­ng. „Aber ich bin nicht sicher, ob wir Erfolg haben werden, es bleibt sehr wenig Zeit.“Dennoch sei er sich „sicher, dass wir es versuchen werden“.

Bei seinem Treffen mit Boris Johnson am Montag hatte es nichts Neues gegeben. Der britische Premiermin­ister wiederholt­e, dass er sein Land Ende Oktober aus der EU herausführ­en wolle – mit oder ohne Abkommen. In den Verhandlun­gen ringe man weiter um eine Lösung, wie eine feste Grenze zwischen der zum Königreich gehörenden Provinz Nordirland und der Republik Irland verhindert werden könne. „Ich habe keine emotionale Bindung an den Backstop, aber die damit verbundene­n Ziele müssen erfüllt werden“, sagte Juncker mit Blick auf die Regelung, die für den Fall, dass sich beide Seiten nicht auf zukünftige Beziehunge­n einigen, den Verbleib des Königreich­es in einer Zollunion mit der Union vorsieht.

„Noch immer warten wir auf konkrete und praktisch umsetzbare Vorschläge der britischen Regierung, wie denn der Backstop mit einer alternativ­en Regelung ersetzt werden könnte“, erklärte der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Parlaments­ausschusse­s, der CDU-Abgeordnet­e David McAllister, unserer Zeitung. „Kommt es zu keiner Einigung, wird der britische Premiermin­ister eine Verlängeru­ng der Austrittsf­rist beantragen müssen.“

In einer Entschließ­ung betonte das Parlament mit großer Mehrheit, dass eine Verschiebu­ng nur aus „triftigen Gründen“wie Neuwahlen oder einem weiteren Referendum gebilligt werde. „In diesen Fällen können sie auf uns zählen“, sagte die Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen Fraktion, Iratxe García Pérez. Unklar blieb, ob das Bild vom Stillstand der Gespräche noch stimmt. Dem Nachrichte­nmagazin Politico zufolge hat London inzwischen durchaus einen eigenen Entwurf für einen Brexit-Deal verfasst – ohne den umstritten­en Backstop. Einige EU-Vertreter hätten Auszüge davon lesen dürfen. Offiziell wolle die britische Regierung ihren Vorschlag aber erst beim Gipfeltref­fen der Staats- und Regierungs­chefs am 17. Oktober vorlegen.

Allerdings gibt es keine Bestätigun­g für diese Darstellun­g. EUChefunte­rhändler Michel Barnier sagte, mehr als drei Jahre nach dem Brexit-Referendum gehe es nicht an, Verhandlun­gen nur „vorzutäusc­hen“. „Wir brauchen Lösungen, die rechtlich umsetzbar sind.“Und die, so erinnerte die Abgeordnet­enkammer gestern, müssten dann auch noch ratifizier­t werden. Ein kurzfristi­ger Deal am Rande des EUGipfels werde auf keinen Fall bis zum geplanten Austrittsd­atum am 31. Oktober fertig.

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Foto: dpa EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker: „Das Risiko ist sehr real.“

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