Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Automat macht Handys zu Geld
Technik Die Elektronikkette Media Markt testet in Deutschland seit zwei Wochen Geräte, die alte Smartphones ankaufen. Wie sie funktionieren und was dahintersteckt
München Ist erst einmal das neue Smartphone da, landet das alte oft in der Schublade. Mehr als 124 Millionen Geräte versauern in Deutschlands Haushalten. Das geht aus einer Studie des Digitalverbands Bitkom aus dem Jahr 2018 hervor. Für Besitzer steckt in den Geräten oftmals noch Geld drin. Im Prinzip verhält sich das ähnlich wie bei Pfandflaschen. Bleiben sie zu Hause liegen, hat der Besitzer nur einen Berg von Plastikmüll. Bringt er die Flaschen zurück in den Supermarkt, tauscht er sie gegen Geld ein und gleichsam werden die Flasche wiederverwertet. Das ist auch die Idee, die hinter dem Smartphone-Automaten bei der Elektrohandelskette Media Markt steckt.
Seit zwei Wochen stehen deutschlandweit in zehn Märkten Automaten, die den Ankauf von Altgeräten anbieten. In Bayern gibt es sie in Rosenheim, Ingolstadt, Landshut, Erding und in zwei Märkten in München. „Eine praktische und vor allem nachhaltige Alternative, um alte Mobiltelefone bequem zu entsorgen“, sagte Media Markt-Saturn-Managerin Sonja Moosburger bei der Vorstellung am Mittwoch in München. Ganz neu ist der Gedanke allerdings nicht. In Berlin testet Saturn die Automaten seit Beginn des Jahres in sechs Filialen. Zu Zahlen, wie viele Altgeräte dort bislang zurückgenommen wurden, äußert sich die Managerin der Elektrohandelsketten nicht. „Das Angebot wird gut angenommen, deshalb testen wir es jetzt in Media-Märkten“, sagt sie.
In den USA stehen solche Automaten bereits seit zehn Jahren. Der Unternehmer Mark Bowles aus San Diego entdeckte den Markt des Smartphone-Recyclings für sich. Seine Firma Eco Atm baut seit 2009 Automaten zur Handyrücknahme, auch die Automaten bei Media Markt sind von Eco Atm. Mittlerweile stehen über 4000 solcher Apparate über die ganzen Vereinigten Staaten verteilt. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, dass seitdem mehr als 22 Millionen Handys angekauft wurden. Und nun expandiert Eco Atm nach Deutschland. Das Unternehmen sieht durch die Recycling-Kultur hierzulande ein gewinnträchtiges Geschäft.
Deshalb steht ein SmartphoneAutomat im Media Markt in München-Solln. Der funktioniert im Grundsatz wie ein Pfandautomat – nur mit mehr Technik: Der Kunde muss zunächst die Schutzhülle des Smartphones entfernen und anschließend einen Aufkleber auf der Rückseite platzieren. Danach schließt er das Gerät über ein Kabel an. So kann der Zustand der Elektronik beurteilt werden. Laut Christoph Janeba von Eco Atm Gazelle werden bei dem Vorgang keinerlei persönliche Daten angezapft. Der Automat beschreibt dem Kunden Schritt für Schritt, was er zu tun hat: „Schalten Sie ihr Smartphone ein und entsperren Sie es. Dann legen Sie es in das Ablagefach.“In wenigen Minuten scannen Kameras den Zustand des Handys. Am Ende zeigt der Automat den Wert des Geräts an, insofern es überhaupt noch funktionsfähig ist. Andernfalls kann das Gerät auf Knopfdruck fachgerecht recycelt werden. Den Wert des Geräts bekommt der Kunde in Form eines Geschenkgutscheins, der ein Jahr haltbar ist. Zwei Beispiele: Für ein gebrauchtes Samsung Galaxy S 9 bietet der Automat 203 Euro. Für ein altes Samsung S 1 meldet er dagegen „Kein Barwert“. Übrigens: In den USA fließt das Geld direkt aus einer Klappe am Automaten. Doch wie sicher sind diese Smartphone-Automaten?
Gerade für Handydiebe scheint es die ultimative Erfindung zu sein: An der Straßenecke einem Passanten das Smartphone aus der Tasche ziehen und ab zu Media Markt und verkaufen. Christoph Janeba von Eco Atm Europe gibt bei der Pressekonferenz in München Entwarnung. In den Automaten vor Ort werde die IMEI-Nummer des Geräts, ähnlich wie die spezifische Rahmennummer bei Fahrrädern, ein erstes Mal überprüft. Wenige Wochen nach dem Ankauf wird die Nummer ein zweites Mal überprüft. Wurde das Smartphone als gestohlen gemeldet, versuche Eco Atm in Zusammenarbeit mit der Polizei, den Besitzer ausfindig zu machen, um das Gerät zurückzugeben.
Für Media Markt ist der Smartphone-Automat nach eigener Aussage reiner Kundenservice. Wer den Ankauf von Altgeräten für innovativ hält, der täuscht sich. Mobilfunkanbieter bieten oftmals beim Neukauf von Smartphones den Kauf des alten Geräts an. Telekom-Kunden können ihr Gerät beispielsweise online bewerten lassen, anschließend einschicken und erhalten im Gegenzug eine Gutschrift.
Wem es nur darum geht, sein altes Gerät recyceln zu lassen, der hat laut Heidemarie Krause-Böhm von der Verbraucherzentrale Bayern mehrere Optionen. Eine offizielle Anlaufstelle seien Wertstoffhöfe. Außerdem gebe es in einigen Kommunen in Bayern Container für Altgeräte. „Das sind quasi Altkleidercontainer für Smartphones“, sagt Krause-Böhm. Darüber hinaus gebe es verschiedene gemeinnützige Organisationen, die alte Handys sammeln. Deren Erlöse kommen Hilfsprojekten zugute. Als Beispiel gibt es die Handyaktion Bayern. Der Erlös geht an Bildungsprojekte in Liberia, El Salvador und Bayern.
Im Fokus der Spendensammlung steht die Wiederverwertung der Ressourcen. Der Digitalverband Bitkom schätzt, dass in den verstaubten 124 Millionen Altgeräten rund drei Tonnen Gold, 487 Tonnen Kobalt und mehr als 1000 Tonnen Kupfer stecken.
Für die Altgeräte gibt es Wertkarten zum Einkaufen