Mittelschwaebische Nachrichten

Sommer der betagten Frauen

Aufgefalle­n

- VON JOSEF KARG jok@augsburger-allgemeine.de

Haben Sie es schon bemerkt? Die Tage werden kürzer, morgens ist es oft schon wieder saukalt und die lauen Abende auf der Terrasse sind für dieses Jahr wahrschein­lich vorbei. Es ist Altweibers­ommer. Kaum hat man dieses Wort niedergesc­hrieben, schießen einem prompt Zweifel durchs Hirn: Darf man das überhaupt noch verwenden? Ist das nicht eine Diskrimini­erung der betagten Damen?

Rechtlich ist es so: Bereits 1989 klagte eine damals 77-jährige Darmstädte­rin gegen eben jene Bezeichnun­g „Altweibers­ommer“. Der Name diskrimini­ere nicht nur Frauen im Allgemeine­n, sondern auch wegen ihres Alters. Das zuständige Landgerich­t war anderer Meinung: Der „Altweibers­ommer“durfte seinen Namen behalten.

Im Grunde steht er ja für etwas sehr Positives. Denn dieser Teil des auslaufend­en Sommers sorgt oft für ein gutes Wetter im September. Das Wetter ist ideal zum Wandern, Bergsteige­n und für ähnliche Freizeitak­tivitäten. Es ist nicht mehr so drückend heiß, die Fernsicht prima und das Laub verfärbt sich herrlich. Darum sprechen die Amerikaner auch vom Indian Summer. Das klingt in jedem Fall moderner als Altweibers­ommer.

Warum aber heißt der eigentlich so? Der Begriff tauchte im 19. Jahrhunder­t auf und eine Erklärung lautet: Weil im September die vom Tau benetzten Spinnweben in der Morgensonn­e an die silbergrau­en Haare älterer Frauen erinnern. Despektier­lich muss das gar nicht gemeint sein, denn die althochdeu­tsche Form der Spinnfäden sind die „Weiben“. Für alle, die trotzdem Bedenken haben: Im Bairischen gibt es als sprachlich­e Alternativ­e den Ähnlsommer, also den Großvaters­ommer. Der ist sprachlich in jedem Fall korrekt.

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