Mittelschwaebische Nachrichten

Rätselhaft­es Kinovergnü­gen

- VON WOLFGANG SCHÜTZ kino@augsburger-allgemeine.de

Meistens ist es dienstags, also zwei Tage, bevor eigentlich neue Filme anlaufen. Dann geschieht in Kinos doppelt Rätselhaft­es, das in der vollvernet­zten Ära der Streaming-Dienst-Abos mit algorithmi­sch optimierte­r Ausrichtun­g des Angebots an den jeweiligen Geschmack des Konsumente­n geradezu verrückt erscheint: Menschen finden sich kostenpfli­chtig zu einer Vorstellun­g ein und haben keine Ahnung, welchen Film sie zu sehen bekommen werden. Sie wissen nur, dass es einer ist, der erst im Lauf der nächsten Wochen in den Kinos startet. „Sneak Preview“heißt das dann – und ist meist auch ziemlich gut besucht.

Das aber ist erst das zweite des doppelten Rätsels. Der erste klärt sich schnell auf: der Film. Diese Woche lief zum Beispiel in Augsburg bei geheimen Vorpremier­en in einem großen Kino-Komplex „Skin“, ein Neonazi-Aussteiger­Thriller und in einem kleineren Filmtheate­r „White Crow“, das Polit-Drama über den russischen Balletttän­zer Nurejew. Und was bereits zum zweiten Rätsel führt: Passt das? Was bei der Art-HouseAffin­ität in kleineren Kinos einfacher zu beantworte­n ist. „White Crow“passt genau in deren Drama-Profil, zu dem es hier halt noch die Komödien-Alternativ­e gibt. Im Multiplex ist dagegen alles möglich, auch Horror, die Altersfrei­gabe ist betont auf 18 gesetzt. „Skin“wirkt da eher ambitionie­rt und ist offenkundi­g für den Verleih ein PRVersuch. Aber mit was für Erwartunge­n kommt das Publikum?

Die hingehen, gehen meist regelmäßig hin. Sie mögen den Kitzel, sich dem Ungewissen auszusetze­n und überrascht zu werden, die Möglichkei­t, etwas zu entdecken, die Aussicht, Begehrtes früher zu sehen – und können bei gesenkten Preisen einfach auch wieder mal gehen. Ein Event mit ein bisschen romantisch­er Widerständ­igkeit gegen die Programmie­rbarkeit.

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