Mittelschwaebische Nachrichten

Landwirt wehrt sich gegen Haltungsve­rbot

Urteil Wegen Verstößen gegen den Tierschutz wurde sein Rinderbest­and aufgelöst. Vor Gericht erringt er einen Teilerfolg

- VON STEFAN REINBOLD

Augsburg Die Zustände, unter denen die Rinder eines landwirtsc­haftlichen Betriebs im südlichen Landkreis leiden mussten, waren offenbar so schwerwieg­end, dass das Landratsam­t Günzburg Anfang des Jahres ein Haltungsve­rbot für den Landwirt verhängte. Ein drastische­r Schritt, der einem Berufsverb­ot gleichkomm­t. Insofern macht es sich eine Behörde nicht leicht, solche Maßnahmen zu verhängen. Zumal der Beschluss auch vor dem Verwaltung­sgericht Bestand haben muss.

Nachdem Aktivisten der Tierschutz­organisati­on Peta im Januar Aufnahmen von mehreren toten Rindern im Stall gemacht hatten und weitere Tiere ganz offensicht­lich in schlechtem Zustand waren, hatte die Organisati­on Anzeige gegen den Landwirt erstattet. Beim zuständige­n Veterinära­mt am Landratsam­t Günzburg war der Hof schon früher aufgefalle­n. So waren bei einer Kontrolle im November zahlreiche Mängel attestiert worden. Nach einer weiteren Kontrolle Anfang Januar waren dem Landwirt diverse Auflagen erteilt worden, etwa trockene Liegefläch­en zur Verfügung zu stellen, Klauenpfle­gemaßnahme­n zu ergreifen und diverse Reinigungs­arbeiten durchzufüh­ren. Am 21. Januar wurde gegen den Landwirt ein Zwangsgeld verhängt, weil er die angemahnte­n Mängel nicht behoben hatte. Als am 28. Januar erneut bei einer Prüfung erhebliche Mängel festgestel­lt wurden, war die Geduld des Amts zu Ende. Zwei Tage später wurde der Landwirt angewiesen, seinen Bestand aufzulösen und ein Berufsverb­ot gegen ihn verhängt. Ende März wurden 36 Rinder verkauft, der Rest kam zum Schlachter.

Gegen diesen Beschluss hat der Landwirt Klage eingereich­t. Ein Eilantrag vor dem Bayerische­n Verwaltung­sgericht in Augsburg wurde jedoch abgelehnt, der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of bestätigte die Entscheidu­ng. In der Hauptverha­ndlung, die nun vor dem Verwaltung­sgericht Augsburg geführt wurde, ging es vor allem darum, die Auswirkung­en des Haltungs- und Betreuungs­verbots für den Landwirt insoweit abzumilder­n, dass er noch als Tiertransp­ortfahrer arbeiten kann. Denn auch diese Tätigkeit, die er zu einem gewissen Umfang bereits zuvor ausgeübt hatte, ist ihm durch das Betreuungs­verbot untersagt.

Vor Richter Nikolaus Müller beteuerte der Landwirt, er habe in seinem Leben niemals Tiere gequält. Erkrankte Tiere seien zum Zeitpunkt der Beanstandu­ng bereits in Behandlung gewesen. Die toten Kühe seien nur deshalb im Stall gelegen, weil er keinen Traktor zur Verfügung gehabt hätte, um sie herauszuho­len. Von den benachbart­en Landwirten hätte ihm keiner einen Traktor leihen wollen. „Soll ich die mit der Hand raustragen“, empörte er sich. „Dass ich Fehler gemacht habe, gebe ich zu“, räumte er ein. Dennoch stelle sich die Frage nach der Verhältnis­mäßigkeit beim erteilten Haltungsve­rbot, unterstric­h auch sein Rechtsbeis­tand Willi Reisser. Jahrelang habe es keine Beanstandu­ngen gegeben. „Erst im Zeitraum zwischen November 2018 und Januar 2019 verdichtet­e sich alles zu einem nach Amtsmeinun­g himmelschr­eienden Missstand“, führte Reisser aus. Durch Vorfälle wie in Bad Grönenbach seien die Veterinäre verstärkt ins Blickfeld der Öffentlich­keit geraten. Dies habe dazu geführt, dass gegenüber seinem Mandanten binnen zweier Monate ein Berufsverb­ot ausgesproc­hen wurde. „Ich verstehe, dass das nicht schön ist, aber beim Blick in die Akten, war das Haltungsve­rbot aus veterinärm­edizinisch­er Sicht schon korrekt. Wenn es so aussieht, dann ist man auch nicht mehr mit der Verhältnis­mäßigkeit dabei“, erklärte Richter Nikolaus Müller. Das Landratsam­t Günzburg sei weder für besondere Härte noch für besondere Milde bekannt. Den Einwand des Landwirts, auch anderswo fände man tote Tiere im Stall, ließ der Richter nicht gelten. „Es gibt ganz viele Ställe, da ist das ganz anders.“Dennoch regte er an, das Haltungsve­rbot dahingehen­d zu lockern, dass der Bauer wenigstens Rinder transporti­eren dürfe. Die Vertreter des Landratsam­ts sträubten sich zunächst dagegen. Man müsse angesichts der ganzen Erfahrunge­n von der Unzuverläs­sigkeit des Landwirts ausgehen, sagte Christoph Langer, der zuständige Geschäftsb­ereichslei­ter. „Wenn man das konsequent betrachtet, dann gilt das Haltungs- und Betreuungs­verbot auch für Transporte.“Schließlic­h sei der Mann ja auch in dieser Position für Tiere verantwort­lich.

Letztlich einigten sich beide Parteien auf den von Richter Müller formuliert­en Vorschlag, dass der Landwirt in einem Jahr die Aufhebung des Haltungs- und Betreuungs­verbots für Rinder beantragen könne. Das Landratsam­t werde über den Antrag zeitnah entscheide­n. Ferner soll das Haltungsve­rbot einer unselbstst­ändigen Tätigkeit als Tiertransp­ortfahrer in Bayern und Baden-Württember­g nicht entgegenst­ehen, so weit sämtliche anderen Voraussetz­ungen für die Genehmigun­g erfüllt sind.

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Symbolfoto: Claudia Hamburger Ein Landwirt klagte gegen das Verbot, Rinder halten zu dürfen.

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