Mittelschwaebische Nachrichten

Auf dem Weg in die Arktis

Es wird eine Expedition der Superlativ­e: Für ein Jahr wollen sich Forscher mit dem deutschen Eisbrecher „Polarstern“in der zentralen Arktis einfrieren lassen

- Steffen Trumpf, dpa

Tromsø Die Vorfreude steht dem Leiter der größten bisherigen Arktis-Expedition ihrer Art ins Gesicht geschriebe­n. „Es passiert. Es passiert wirklich“, sagt Markus Rex am Freitag bei einer Pressekonf­erenz in Tromsø. Wenige Stunden später und eingehüllt von der abendliche­n Dunkelheit geht es für den deutschen Eisbrecher „Polarstern“von der nordnorweg­ischen Stadt aus los in Richtung der zentralen Arktis. Dort wollen die Forscher das Schiff einfrieren lassen. Es fühle sich ein wenig unwirklich an, dass die Expedition nach Jahren der harten Arbeit nun wirklich beginne, sagt Expedition­sleiter Rex. „Ein Traum wird wahr.“

Ein Jahr lang wird das Forschungs­schiff des Bremerhave­ner Alfred-Wegener-Instituts (Awi) bei der Mammut-Expedition „Mosaic“mit dem Meereis durch die zentrale Arktis driften. Rund zwei Wochen nach dem Ablegen im Norden Norwegens werden Besatzung und Forscher nach einer geeigneten Eisscholle Ausschau halten. Die Wissenscha­ftler aus fast 20 Ländern, die während der Reise mehrfach ausgewechs­elt werden, wollen mit ihren Messungen den Einfluss der Arktis auf das Weltklima besser verstehen lernen. Sie erhoffen sich einen Meilenstei­n für die Klimaforsc­hung. Über Twitter, Instagram und eine Web-App soll der Rest der Welt über die Mission auf dem Laufenden gehalten werden.

600 Teilnehmer, darunter 300 Wissenscha­ftler, beteiligen sich an der Expedition. Die Herausford­erungen, vor denen sie stehen, sind immens: Unter anderem werden im Winter Temperatur­en von bis zu minus 45 Grad erwartet, Rex rechnet mit kräftigen Stürmen und teils unvorherse­hbaren Bedingunge­n. Auch Eisbären könnten ein Problem darstellen, weshalb es Eisbärwach­en geben wird. Die Forscher sind sich zudem bewusst, dass die Sonne in der zentralen Arktis knapp 150 Tage lang nicht über den Horizont steigen wird.

Eine Arktis-Expedition in dieser Größenordn­ung hat es laut Expedition­sleiter Rex noch nie gegeben. Die Hälfte der Kosten von rund 140 Millionen Euro trägt Deutschlan­d. Es handele sich um eine sinnvolle Investitio­n für den Klimaschut­z, sagt Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek (CDU). Die Erderwärmu­ng sei im Nordmeer schon heute dramatisch – mit unmittelba­ren Folgen auch für Europa und Deutschlan­d. „Es ist also in unserem höchsten Interesse, die Arktis zu erforschen. Nur wenn wir wissen, wie sich das Klima in der Arktis entwickelt, sind wir in der Lage, auch bei uns in Deutschlan­d Vorsorge gegen Klimaverän­derungen zu treffen und effektiv dem Klimawande­l entgegenzu­wirken.“Die „Polarstern“hat Platz für eine Crew von bis zu 44 Personen sowie 55 Wissenscha­ftler und Techniker, die in neun Laboren ihren Forschungs­arbeiten nachgehen können. Im Oktober 2020 wird sie zurück in Bremerhave­n erwartet.

 ?? Foto: Rune Stoltz Bertinusse­n, NTB scanpix, dpa ?? Das deutsche Eisbrecher- und Forschungs­schiff „Polarstern“in Tromsø: Am Freitag legte es zu einer Extrem-Expedition ab, die ein Jahr lang dauern wird. Die Wissenscha­ftler haben große Erwartunge­n an diese Mission.
Foto: Rune Stoltz Bertinusse­n, NTB scanpix, dpa Das deutsche Eisbrecher- und Forschungs­schiff „Polarstern“in Tromsø: Am Freitag legte es zu einer Extrem-Expedition ab, die ein Jahr lang dauern wird. Die Wissenscha­ftler haben große Erwartunge­n an diese Mission.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany