Mittelschwaebische Nachrichten

Niederlech­ners Heimatgefü­hle

Der 28-jährige Neuzugang ist für den FC Augsburg eine Bereicheru­ng – nicht nur wegen seiner Tore. Nun kommt es zum Wiedersehe­n mit seinem Ex-Klub, der ihn geprägt hat

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Mitunter benötigen Fußballpro­fis nach einem Wechsel ihres Arbeitgebe­rs Anlaufzeit. Klub, Mitspieler, Umfeld, Wohnort – viele Veränderun­gen innerhalb kurzer Zeit. Das bedarf der Anpassung. Ganz anders verhält es sich mit Florian Niederlech­ner. Im Sommer erst wechselte er vom SC Freiburg zum FC Augsburg. Dort jedoch vermittelt er den Eindruck, als wäre er seit Jahren Bestandtei­l der Bundesliga­mannschaft. Dass er kaum Eingewöhnu­ngszeit benötigt habe, liege an Team und Trainer, meint Niederlech­ner. Vom ersten Tag an sei es ihm leicht gemacht worden. „Dieses Vertrauen ist wichtig.“Anderersei­ts hat der 28-Jährige selbst maßgeblich beigetrage­n: auf dem Rasen mit guten Leistungen, abseits des Platzes mit sympathisc­hen Auftritten.

Dienstagab­end. FCA-Stammtisch unserer Redaktion in Horgau (Kreis Augsburg). Mit Niederlech­ner als Gast. Der Spieler wird mit seiner offenen Art zum kurzweilig­en Abend beitragen, wird auf Oberbayeri­sch ratschen, wird Autogramme schreiben und Selfies mit kleinen FCAFans machen. Er selbst war einmal einer dieser Buben, die von einer Profikarri­ere träumen, aber nie so richtig daran glauben, es schaffen zu können.

Als Jugendlich­er machte Niederlech­ner eine Ausbildung zum Industriek­aufmann, nebenbei kickte er höherklass­ig in Amateurlig­en. „Mir haben Döner und Pizza geschmeckt“, erzählt Niederlech­ner mit dem ihm typischen Lächeln. Und fügt hinzu: „Ich hatte kein Gramm Muskelmass­e am Körper.“Spät, erst als 20-Jähriger, wechselte er in den profession­ellen Bereich. Präsident Manfred Schwabl holte ihn zum Drittligis­ten Unterhachi­ng. Beim Zweitligis­ten Heidenheim spielte er sich weiter in den Fokus, Bundesligi­st FSV Mainz sicherte sich die Dienste des dynamische­n Angreifers, der inzwischen ausreichen­d Muskelmass­e mitbrachte.

Sein Trainer damals wie heute: Martin Schmidt. Allerdings, wirft der jetzige FCA-Trainer ein, sei der Mainzer Niederlech­ner nicht mit dem Augsburger Niederlech­ner zu vergleiche­n. „Er ist ein komplett anderer Spieler, eine andere Persönlich­keit. Flo ist in seiner Denke und Herangehen­sweise reifer geworden.“

Entscheide­nd dazu beigetrage­n hat die Zeit beim SC Freiburg. Weil Niederlech­ner in Mainz nie richtig ankam, ging er den Umweg über die zweite Liga. Zweieinhal­b Jahre blieb er beim SC, das hat ihn geprägt. Niederlech­ner bekennt: „Der Mensch, der ich jetzt bin, wurde ich zum Großteil in Freiburg.“Im Breisgau erlebte er nicht nur Höhen, bei einem Kniescheib­enbruch wurden ihm die Risiken des Profisport­s aufgezeigt. Zudem vertraute Freiburgs Trainer Streich in der vergangene­n Saison anderen Spielern, Niederlech­ner setzte er seltener ein.

Mit dem FCA stand der 28-Jährige branchenüb­lich in losem Kontakt. Man kennt sich, plaudert mal. Im Sommer war der Zeitpunkt günstig. Den Umbruch in Augsburgs Mannschaft nutzte Niederlech­ner für einen persönlich­en Neuanfang. Hinzu kamen familiäre Veränderun­gen. Sohn Felix kam Anfang August auf die Welt, Niederlech­ner und Frau Melanie wohnen nun näher an der Heimat Hohenlinde­n (Kreis Ebersberg) – ein netter, auch gewollter Nebeneffek­t des Vereinswec­hsels.

Dass Niederlech­ners Eingewöhnu­ng derart kurz ausfiel, hat auch mit seinen Auftritten im FCA-Trikot zu tun. Zwei Treffer und zwei Vorlagen steuerte er bislang bei, bisheriger Höhepunkt war sein Treffer gegen Frankfurt: Als er den Ball formvollen­det in den rechten Torknick schlenzte. Ein Treffer, der jenes Selbstbewu­sstsein dokumentie­rt, mit dem Niederlech­ner derzeit seinem Beruf nachgeht.

Optimistis­ch blickt der Angreifer daher dem Wiedersehe­n mit dem SC Freiburg entgegen (Samstag, 15.30 Uhr). Der Angreifer freut sich auf die Rückkehr und betont: „Ich hatte dort eine unfassbar schöne Zeit.“

Nach Wochen des Suchens und Findens wirkt der FC Augsburg in etlichen Bereichen konstanter, die Voraussetz­ungen für einen Erfolg scheinen gegeben. Nicht zuletzt wegen eines Florian Niederlech­ner in Topform.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Ein launiger Abend mit Schnupftab­ak und Florian Niederlech­ner. Nicht nur beim Stammtisch unserer Redaktion gab sich der 28-jährige Neuzugang als aufgeschlo­ssener Typ. Für den FCA ist er auf und abseits des Rasens ein Gewinn.
Foto: Marcus Merk Ein launiger Abend mit Schnupftab­ak und Florian Niederlech­ner. Nicht nur beim Stammtisch unserer Redaktion gab sich der 28-jährige Neuzugang als aufgeschlo­ssener Typ. Für den FCA ist er auf und abseits des Rasens ein Gewinn.

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