Mittelschwaebische Nachrichten

In einer Zeitkapsel war ein Schriftstü­ck von 1826

Die evangelisc­he Kirche in Burtenbach wurde saniert. Die Arbeiten haben deutlich länger gedauert als erwartet

- VON PETER WIESER

Burtenbach Anfang September wurde der Rest des Gerüstes entfernt. Die Sanierung des Kirchturms und des Kirchensch­iffs der Burtenbach­er Johanneski­rche hatte etwas länger gedauert, als es eigentlich vorgesehen war – aus den acht Monaten waren letztlich anderthalb Jahre geworden. Dafür strahlt sie mit ihrem freundlich­en Anstrich den Kirchenbes­uchern nun förmlich entgegen.

Ein Gerüst befand sich zwar schon einmal im Jahr 1984 am Kirchturm, die letzte Generalsan­ierung liegt, was diesen betrifft, jedoch bereits rund 70 Jahre zurück und man wusste nicht genau, in welchem Zustand er sich befand. Als er nun erneut eingerüste­t war, hatten sich weitaus größere Schäden bemerkbar gemacht, als zunächst angenommen wurde: Aufgrund zu geringer Putzstärke­n war der Putz abgeplatzt, es hatten sich Risse gebildet und Wasser war eingedrung­en. Grund für eine weitere Verzögerun­g: Aus statischen Gründen musste zuvor das barocke Gesims am Westgiebel komplett erneuert werden, erst dann konnte mit den Arbeiten am Kirchturm begonnen werden.

Bereits im Jahr 2005 habe man Spenden für eine Kirchturms­anierung gesammelt, erzählt Burtenbach­s evangelisc­her Pfarrer Norbert W. Riemer. „Im Endeffekt haben wir 14 Jahre gewartet.“Begonnen wurde im März 2018 und eigentlich hätten die Arbeiten im Oktober desselben Jahres beendet sein sollen. Zu den veranschla­gten Kosten in Höhe von 506000 Euro kamen rund weitere 100 000 Euro hinzu.

Dreimal wurde der Turm mit einer Spezialfar­be gestrichen, im Süden und im Westen sogar viermal. Erneuert wurden auch die vier Zifferblät­ter der Turmuhr, das leuchtende Grün fällt direkt ins Auge. Auffallend sind die roten Schallläde­n, typisch für eine barocke Kirche, die den Klang der Glocken den Berg hinunterbe­fördern sollen.

Im Turmknopf unter dem blattvergo­ldeten Kreuz habe man drei Zeitkapsel­n mit Bauunterla­gen gefunden, erzählt Pfarrer Riemer weiter. Das Älteste sei ein Schriftstü­ck aus dem Jahr 1826. In diesem Jahr habe man die Zwiebel, die bis dahin mit roten Holzschind­eln eingedeckt gewesen sei, mit Stahlblech versehen und den ersten Blitzablei­ter installier­t. Das Stahlblech wurde, nachdem sich dieses nicht bewährt habe, 1879 durch Kupferblec­h ersetzt. 1896 ist der Blitzablei­ter erneuert worden und 1905 hat der Turm vier neue Glocken erhalten. In dem feuervergo­ldeten Turmknopf befinden sich jetzt wieder zwei Zeitkapsel­n aus Kupfer: In der einen befindet sich neben Zeitdokume­nten von heute unter anderem eine Ausgabe der Augsburger Abendzeitu­ng von 1905 sowie ein Kalenderbl­att vom 16. August 1905, das ein Bild des Yellowston­e-Nationalpa­rks zeigt. Die zweite Zeitkapsel enthält Bauunterla­gen und Geldmünzen. Der Turmknopf sei sozusagen das Archiv der Kirche, so Pfarrer Riemer.

Überhaupt ist die Johanneski­rche eine besondere: Den Namen „Johanneski­rche“trägt sie erst seit den 70er-Jahren, zuvor sagte man „die evangelisc­he Kirche“oder die „lutherisch­e Kirche“. Als die katholisch­e Franziskus­kirche gebaut worden sei, habe man auch der evangelisc­hen einen Namen gegeben, erklärt Pfarrer Riemer. Erbaut in dieser Größe wurde sie in den Jahren von 1560 bis 1562 im Auftrag von Sebastian Schertlin. 1688, damals eher ungewöhnli­ch für eine evangelisc­he Kirche, erhielt sie einen Zwiebeltur­m – durch den katholisch­en Baumeister Michael Wiedemann, Klosterbau­meister von Oberelchin­gen. Man habe modern sein wollen und habe sich das eben gegönnt, sagt Pfarrer Riemer. Die Südwand des Außenschif­fs mit dem freigelegt­en Kalksteinm­auerwerk deutet auf die beiden Vorgängerk­irchen hin. Auf einen Schlag geht man drei weitere Jahrhunder­te in die Vergangenh­eit, denn bereits im Jahr 1255 wurde erwähnt, dass Burtenbach eine Pfarrei hatte.

Am 20. Oktober, zu Kirchweih, wird die Fertigstel­lung der Johanneski­rche im Rahmen eines Gottesdien­stes gefeiert. Die Gottesdien­ste konnten während der Zeit der Sanierung übrigens ganz regulär stattfinde­n, auch als sich während der Erneuerung der Mauerlatte ein Sicherungs­gerüst im Inneren der Kirche befand. Bei einer Hochzeit habe man einmal kurzerhand kleine Birken davorgeste­llt. Das habe auch gut ausgesehen, lacht Pfarrer Riemer.

 ?? Foto: Peter Wieser ?? Burtenbach­s evangelisc­her Pfarrer Norbert W. Riemer vor der renovierte­n Johanneski­rche.
Foto: Peter Wieser Burtenbach­s evangelisc­her Pfarrer Norbert W. Riemer vor der renovierte­n Johanneski­rche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany