Mittelschwaebische Nachrichten
Aus dem kleinen ist ein großes Juwel geworden
Bei einer Feierstunde in Günzburg wurde der erste Teil des neuen Finanzamts eröffnet. Bis zum Jahr 2023 soll das Schlossensemble rundum saniert sein
Günzburg Die Festredner waren sich einig: „Hier ist ein kleines Juwel entstanden.“Bei einer Feierstunde in der Hofkirche ist am Freitagvormittag der erste aufwendig sanierte und modernisierte Teil des Finanzamts Günzburg offiziell seiner Bestimmung übergeben worden. Rund sieben Millionen Euro sind in das neue Service-Center im Erdgeschoss und die ersten umgebauten Räume für die Beschäftigten der Finanzbehörde in den oberen Stockwerken im Westflügel des Schlosses investiert worden. Weitere 13 Millionen sind für die beiden folgenden Sanierungsabschnitte im Nord- und im Südflügel vorgesehen. Bis 2023 soll das Schlossensemble im Herzen der Stadt rundum saniert sein, einschließlich Schlossplatz und Außenanlagen. Aus dem kleinen dürfte dann ein großes Juwel geworden sein.
In seinem Grußwort deutete der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter an, wie dick die Bretter sind, die es im politischen Geschäft zu bohren gilt. Vor nicht weniger als 25 Jahren sei erstmals darüber nachgedacht worden, das Günzburger Amtsgericht aus dem Schlossgebäude auszulagern und in einem neuen, eigenen Gebäude unterzubringen. Viel Wasser war seitdem die Donau hinabgeflossen. Erst vor wenigen Jahren hat das Gericht ein neues Domizil erhalten, zusätzliche Räume sind dadurch für das Finanzamt freigeworden. Versierten Planern und Handwerkern sei es gelungen, den Westflügel des Schlosses so zu sanieren, dass Alt und Neu ein harmonisches Ganzes bilden, erklärte Sauter. Er und Bauminister Hans Reichhart würdigten zudem den Umstand, dass es in vorbildlicher Weise gelungen sei, Kunst- und Architekturhistorisches wieder erlebbar zu machen. Ausgerechnet auf der Toilette, so möchte man meinen, ist die Geschichte des Günzburger Schlosses in Wort und Bild nachvollziehbar.
Wie aufwendig und schwierig die Umbauarbeiten waren, wurde anhand eines kurzen Films in der Hofkirche bildlich dargestellt. Steuern und Abgaben sind nicht unbedingt beliebt. Der erste Sanierungsabschnitt des Finanzamtes seien allerdings der Beleg dafür, dass mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsund sinnvoll umgegangen werde – zum Nutzen der Beschäftigten und der Bürger sowie zum Erhalt historischer Denkmäler, betonten Sauter und Reichhart.
Dem schloss sich in seinem Grußwort Bürgermeister Anton Gollmitzer an. Es sei für die Stadt eine Freude, „die immense Aufwertung“des Schlossensembles, das einzige aus habsburgischer Zeit in Deutschland, erleben zu dürfen. Zu den weiteren Umbaumaßnahmen des Schlossgebäudes gehöre auch die Sanierung des benachbarten Heimatmuseums, betonte der Bürgermeister.
Im Anschluss an die Feierstunde in der Hofkirche segneten der evangelische Pfarrer Friedrich Martin und sein katholischer Amtskollege Christoph Wasserrab das neue Service-Center. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“, heißt es in der Bibel. In heutiger Zeit sind das die Steuern, die notwendig seien, um das Gemeinwohl im Gesamten und den Erhalt historischer Gebäude im Besonderen finanzieren zu können, betonten die beiden Geistlichen bei der Segnung der Räumlichkeiten.
Petra Bergmüller, die Leiterin des Finanzamts, hatte in der Hofkirche zahlreiche Ehrengäste begrüßt. Die Feierstunde war glatt über die Bühne gegangen. Mit einer Ausnahme. Die Orgel der Kirche hatte bei der letzten Probe gestreikt. Organist Josef Reichl musste deshalb improvisieren. Auf einem eilends herbeigeschleppten Keyboard umrahmte er die Feierstunde – der Würde des Vormittags tat das keinerlei Abbruch.
Am Nachmittag durften sich dann interessierte Bürger im Schloss umschauen: Das Finanzamt zeigte seine Räume bei einem Tag der offenen Türe. Damit das Steuergeheimnis unbedingt gewahrt blieb, durften die Besucher nur im Rahmen von Führungen das Gebäude besichtigen, Steuerunterlagen wurden in dieser Zeit abgedeckt.