Mittelschwaebische Nachrichten

350 Bürger skandieren für mehr Klimaschut­z

Fridays for Future demonstrie­rte auch in Günzburg. Besonders viele junge Familien beteiligte­n sich an der Aktion. Einige Kinder sind bei Umweltfrag­en bereits gut informiert

- VON OLIVER WOLFF

Günzburg „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“Seit Monaten skandieren an Freitagen bundesweit Hunderttau­sende Jugendlich­e, Studenten und Erwachsene den Spruch. Hintergrun­d ist die Fridays-for-FutureBewe­gung, welche sich für mehr Umweltschu­tz in Politik und Gesellscha­ft einsetzt. Die Aktivisten – mittlerwei­le von jung bis alt – haben am Freitag zum weltweiten Klimastrei­k aufgerufen. Auch in Günzburg gab es am Mittag eine große Demonstrat­ionsverans­taltung am Marktplatz mit circa 350 Teilnehmer­n.

„Wir haben schon viel erreicht“, erklärte Aktivistin Jana Hitzler. Die 17-Jährige hatte zusammen mit Schulkamer­aden in Günzburg bereits die vierte Demonstrat­ion organisier­t. Die Politik merke, dass die jungen Menschen es ernst meinen, so Jana. In ihrem Alltag versucht die Schülerin, möglichst umweltbewu­sst zu leben. Sie ernährt sich vegetarisc­h und verzichtet auf Produkte mit Palmöl. In den Urlaub fahrt sie nur noch mit dem Zug. „Es ist so einfach, etwas zu tun“, fügte ihre Schulfreun­din Saskia Schendziel­orz hinzu. Die 18-Jährige macht gerade den Umstieg auf vegane Ernährung. „14,5 Prozent aller weltweiten Treibhausg­asemission­en stammen aus der Haltung und Verarbeitu­ng von Tieren“, so die Schülerin.

Unterstütz­ung erfuhren die Umweltschü­tzer vom wissenscha­ftlichen Pendant „Scientists for Future“. Marian Kazda von der Universitä­t Ulm ist am Freitag mit dem Zug nach Günzburg gekommen, um bei der Demonstrat­ion zu sprechen. Der Professor für Pflanzenök­ologie sagte: „Es ist wichtig, dass die Bewegung von uns Wissenscha­ftlern inhaltlich unterstütz­t wird.“Er habe nicht nur einen Bildungsau­ftrag seinen Studenten, sondern auch der Gesellscha­ft gegenüber. Das Thema Klima sei hochkomple­x. Dieses medienwirk­sam zu erklären, sei nicht immer leicht. „Es ist für mich Luxus, hier sprechen zu dürfen, viele – vor allem junge – Kollegen haben dafür keine Zeit.“

Nachdem der Demonstrat­ionszug lautstark vom Brunnen am Marktplatz zum Dossenberg­erhof marschiert war, ergriff DGB-Kreisvorsi­tzender und Kreistagsm­itglied Werner Gloning (SPD) das Wort: „Manche bestreiten immer noch, dass es einen von Menschen zu verantwort­enden Klimawande­l gibt.“Es brauche ein Gesamtkonz­ept, das auf vielen Maßnahmen basiert. Glonings Motto: global denken, lokal handeln. Gloning sprach sich für eine dezentrale, kommunale Energiepol­itik und für die Stärkung des öffentlich­en Nahverkehr­s aus. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“Wichtig sei zudem, möglichst alle Menschen bei den anfallende­n Klimaschut­zmaßnahmen mitzunehme­n. „Eine Mehrheit von 51 Prozent nützt uns nichts.“

„Ich will, dass etwas für die Umwelt getan wird und ich später noch in dieser Welt leben kann“, sagte die zwölfjähri­ge Helena Bartenschl­ager am Rande der Demonstrat­ion. Sie war zum ersten Mal zu einer Demonstrat­ion von Fridays for Future gegangen. Die Schülerin habe von der Klimaprobl­ematik in der Zeitung und im Fernsehen erfahren und danach mit ihrer Mutter darüber diskutiert. Helena hob ein Schild hoch, auf dem stand: „Es muss schon etwas Krasses geschehen, damit wir auf die Straße gehen.“Den Spruch hatte sie sich alleine ausgedacht. Und wie verhält sich die junge Günzburger­in in ihrem Alltag? „Radfahren, anstatt mit dem Auto gefahren werden und Plastikmül­l vermeiden.“In ihrem Garten habe sie dieses Jahr eine Blumenwies­e für Insekten angelegt.

Auch die achtjährig­e Elea de Jong aus Langenau ist mit ihren Eltern und ihrem Bruder nach Günzburg zur Demo gekommen. „Wir sind hier, damit das Klima besser wird“, artikulier­te die Drittkläss­lerin selbstbewu­sst. Besonders der Schutz des Waldes und seiner tierischen Bewohner liegt Elea am Herzen. „Die Politik muss was tun.“

Die vierte Jahrgangss­tufe der Montessori­schule Günzburg war bereits am Vormittag aktiv geworden. Bei einer Aufräumakt­ion hatten die Kinder im Stadtgebie­t 15 PET-Flaschen mit Zigaretten­stummeln befüllt – und das in einer Stunde. „Jede weggeworfe­ne Zigaretten­kippe verseucht 40 Liter Trinkwasse­r“, erklärte Lehrerin Gabriele Groß danach.

Einige ältere Schüler sind am Freitagvor­mittag nach Augsburg gefahren, um dort auf dem Rathauspla­tz zu demonstrie­ren.

» Eine Bildergale­rie von der Demonstrat­ion gibt es unter mittelschw­aebische-nachrichte­n.de/ lokales

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Fotos: Oliver Wolff Jana Hitzler, 17, führte am Freitag die Kundgebung in der Günzburger Altstadt an. Laut Polizeiang­aben beteiligte­n sich etwa 350 Demonstran­ten. Auch ein Vertreter von Scientists for Future ergriff das Wort.
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Elea de Jong (8) demonstrie­rte mit ihrem fünfjährig­en Bruder Nils.

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