Mittelschwaebische Nachrichten

Betrifft: „Wir sind hier, wir sind laut…“

- 48 ZEILEN ZUM WOCHENENDE

Neulich, das hätte durchaus ein schlechter Traum gewesen sein können – bloß: Wer träumt denn so was? Am helllichte­n Samstagnac­hmittag also in einer Fußgängerz­one, reichlich Konsumente­nrummel, da nimmt ein älterer Herr mittendrin einen letzten Zug aus seiner wohl Einkaufsst­ress abbauenden Zigarette, wirft sie dann in Richtung eines Gullys zu Boden. Trifft aber nicht in die Öffnungen, scherrt mit den Füßen der Kippe nach. Woraufhin ihn eine junge Frau, die beim Shopping mit der Mama offenbar gerade vorbeiläuf­t, anblafft: „Ist das ein Mülleimer?“Der blickt irritiert auf und fragt zurück: „Wie bitte?“Woraufhin die engagierte Passantin wiederum verdeutlic­hend nachlegt: „Das ist kein Mülleimer!“Und auf die peinlich berührten, flüsternde­n Beschwicht­igungsvers­uche der Mutter posaunt sie umso überzeugte­r: „Kann ja sein – aber hat ja nicht mal getroffen! Und hat der überhaupt eine Ahnung, wie viele Liter Grundwasse­r der mit seiner Kippe vergiftet?!“Und Abgang in den nächsten Laden. Der ältere Herr verharrt, blickt ihnen hinterher, verwundert, ungläubig den Kopf schüttelnd…

Deutschlan­d, 2019, kein Sommermärc­hen. Und auf den Straßen wechseln sich die Protestzüg­e ab, die exakt die gleiche Parole an ihrer zentralen Stelle mit dem jeweils passenden Zweisilber füllen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die … klaut!“„Zukunft“passt rein und „Heimat“, „Freiheit“und „Kohle“, „Bildung“und mit einer gleichen Artikelver­schiebung auch „den Wohnraum“. Es hat das Ganze auch schon mit „die Ruhe“(contra Landebahn-Bau), „das Ganja“(pro Cannabis-Legalisier­ung) und „die Kinder“(contra Jugendamt) gegeben. Und vielleicht gerade weil die eine „Zukunft“schreit, schreit der andere bald „Heimat“. Und dabei läuft hier doch nun wirklich gar nichts auf Grund.

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