Mittelschwaebische Nachrichten
Der König, der Kantor und das Klavier
Diesmal hat es geklappt. Johann Sebastian Bach musste schon mal eine Reise von Leipzig zu seinem König abbrechen. Friedrich, der so gerne Flöte spielte und Musik komponierte, hatte gerade keine Zeit für den größten Musiker seines Reiches. Er wollte sich ganz auf den Krieg gegen Österreich konzentrieren. Jetzt aber, im Jahr 1747, fand die Begegnung im Potsdamer Schloss Sanssouci statt.
Der damals noch nicht ganz so alte Fritz und der alte Bach, wie er ihn nannte, begegneten sich in der zeitgemäßen Art: Bach mit tiefen Verbeugungen vor der Majestät, Friedrich, später der Große genannt, mit majestätischer Bewunderung für das Genie. Der Preußenkönig forderte Bach zu einer flotten Fuge heraus, deren Thema er selber erdacht hat. Und er ließ ihm voller Stolz seine Instrumentensammlung vorführen, vor allem ein neuartiges Gerät, ein Pianoforte, das man ganz variabel, laut und leise, also piano und forte, spielen konnte. Bach war es gewohnt, auf dem klassischen Cembalo zu arbeiten. (Und natürlich an der Orgel. Aber das ist eine andere Geschichte.) Das Cembalo, das seinen Namen von der noch älteren Zimbel bezog, bot dem Spieler eine angenehme Tastatur und dazu einen Mechanismus, der die Saiten im Inneren zart zupfte. Seit über zweihundert Jahren begeisterte das Cembalo durch seinen hellen, klaren Klang.
Dann betrat der Italiener Bartolomeo Cristofori die Bühne, der am Hofe der Medici in Florenz für die Musikinstrumente zuständig war. Er stellte 1709 sein Pianoforte vor. Das Neue an diesem eigentlich alten Saiteninstrument: Statt zu zupfen, betätigte der Spieler sanfte Hämmerchen, die auf den Saiten einen ganz anderen Klang erzeugten: runder, voller und nach Belieben leiser und lauter. Das italienische Pianoforte bekam einen deutschen Namen, der die neue Technik beschrieb: Hammerklavier.
Es dauerte eine Weile, bis dieses Instrument, auf das der Preußenkönig so stolz war, das Cembalo in den Hintergrund drängte. Bach komponierte daheim noch auf dem alten Zupf-Cembalo ein spätes Werk nach dem Thema, das ihm Friedrich vorgegeben hatte. Er nannte es ein „musikalisches Opfer“. Wie wunderbar Bachs Musik auch auf dem neueren Klavier klingt, zeigte in jüngerer Zeit Glenn Gould mit seiner berühmt gewordenen Interpretation der Goldberg-Variationen.