Mittelschwaebische Nachrichten
Das aktuelle Thema Soll Rauchen am Steuer verboten werden?
Es ist Zeit, das Rauchen während des Autofahrens zu verbieten, wenn Kinder oder Schwangere mitfahren. Ja, der Gesetzgeber sollte sich überlegen, ob er es für Fahrer nicht komplett untersagt. Im Jahr 2016 stellte die Allianz fest, dass Ablenkung eine der Hauptursachen von Autounfällen ist. Der Griff zur Zigarette mag im Vergleich zum Surfen auf dem Smartphone oder schreienden Kindern auf dem Rücksitz nicht die schlimmste Form der Ablenkung sein. Das Kramen nach Zigaretten und Feuerzeug kostet trotzdem Sekunden, die entscheidend sein können, wenn es darum geht, auf der Autobahn ein Stauende zu erkennen oder einem Radfahrer auszuweichen.
Telefonieren und das Daddeln am Smartphone sind am Steuer zu Recht längst verboten. Manchmal sieht man am Rande der Schnellstraße Plakate, die davor warnen, im Auto mit einer dicken Fast-FoodTüte auf den Knien zu essen oder den Lippenstift nachzuziehen. Rauchen fällt in die gleiche RisikoKategorie.
Auf jeden Fall sollte die Politik das Rauchen in Fahrzeugen untersagen, in denen Schwangere und Kinder mitfahren, so, wie es jetzt von den Bundesländern diskutiert wird. Schwangere und Kinder vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen, ist heute eine Selbstverständlichkeit. Dahinter steckt kein deutscher Verbotswahn. Andere Länder wie England, Italien und Griechenland haben bereits Strafen eingeführt, wenn in Autos mit Minderjährigen an Bord geraucht wird. Die Freiheit des Rauchers endet, wo die Gesundheit des anderen bedroht ist. In bayerischen Wirtshäusern, selbst in Kneipen und Cafés ist das Rauchen heute untersagt, an Arbeitsplätzen in Innenräumen raucht praktisch keiner mehr.
In meiner Kindheit, in den 80er Jahren, bin ich auf der Fahrt in den Urlaub manchmal im Auto der Familie meines Kumpels mitgefahren. Saß von den Erwachsenen ein Raucher im Fahrzeug, ist uns spätestens am Brenner speiübel geworden. Damals war es noch unvorstellbar, die Zigarette auszudrücken. Man hatte sich aber auch gerade erst daran gewöhnt, einen Sicherheitsgurt anlegen zu müssen.
Damit eines gleich klar ist: Ich bin Nichtraucher und Vater und bin sehr dafür, die Menschen vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. Wie schädlich das Qualmen ist, darüber brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Aber das weiß doch jeder. Muss es also schon wieder ein Verbot sein?
Nun braucht man gar nicht erst die Frage aufzuwerfen, wie solch ein Rauchverbot im Auto kontrolliert werden soll. Müssen Polizisten künftig nicht nur das Handyverbot am Steuer überwachen – was ihnen im Übrigen ganz offensichtlich nicht gelingt? Müssen sie auch noch Ausschau halten, ob einer im
Auto raucht und ein Kind oder eine Schwangere dabei hat? Und wie sollen sie überhaupt erkennen, ob eine Frau schwanger ist – oder einfach rundlich? In der Praxis wäre das also extrem schwierig. Und wer ein Verbot nicht überwachen kann, kann sich das Verbot auch gleich schenken.
Doch es gibt auch grundsätzliche Argumente. Ein solches Gesetz wäre ein weiterer Eingriff des Staates in das Privatleben. Der Staat sollte aber nur da Verbote aussprechen, wo es nicht zu vermeiden ist. Und nicht bereits dort, wo Vernunft, Anstand und Verantwortungsgefühl es gebieten, sich richtig zu verhalten. Denn spinnen wir den Grundgedanken weiter. Dann müsste das Rauchen auch in der eigenen Wohnung oder überhaupt verboten werden. Ist ja für jeden schädlich und kostet das Gemeinwesen Unsummen. Dasselbe gilt übrigens für Alkohol. Und am Ende gäbe es einen staatlichen Ernährungsplan für alle Kinder – ohne Pommes und Süßigkeiten. Ein Rauchverbot im Auto kann sinnvoll sein. Dann aber ein generelles und mit dem „Handy-Argument“: Wer nämlich eine Kippe in der Hand hat, wird ebenso leicht zum Verkehrsrisiko wie einer mit Smartphone am Steuer. Wie viele Geschichten gibt es, in denen einem Autofahrer der glühende Stummel zwischen die Beine gefallen ist?
Deutschland schafft es wegen des hohen Drucks der Tabaklobby seit Jahren nicht einmal, ein Werbeverbot für Zigaretten hinzubekommen. Aber jedem Einzelnen will der Staat in die Wohnung und ins Auto hineinregieren? Das geht zu weit. Es gibt Lebensbereiche, aus denen sich der Staat heraushalten muss.