Mittelschwaebische Nachrichten

VW-Spitze soll Aktionäre getäuscht haben

Diesel-Skandal Staatsanwa­ltschaft geht auch gegen den neuen Konzernche­f Diess vor

- VON STEFAN STAHL UND MICHAEL POHL

Wolfsburg/Augsburg Verschwieg­ene Milliarden­risiken, verspätete Informatio­n an die Aktionäre – und dazu die drei gewichtige­n Namen Herbert Diess, Hans Dieter Pötsch und Martin Winterkorn: Die alte und neue Führungssp­itze von Volkswagen soll sich nach dem Willen der Braunschwe­iger Staatsanwa­ltschaft jetzt vor Gericht verantwort­en. Konzern-Boss Diess, Aufsichtsr­atschef Pötsch und dem früheren Vorstandsv­orsitzende­n Winterkorn wird vorgeworfe­n, Anleger nicht rechtzeiti­g über die drohenden finanziell­en Folgen des Diesel-Debakels ins Bild gesetzt zu haben.

Die Anwalte der Beschuldig­ten wiesen den Vorwurf der Marktmanip­ulation zurück. „Das Unternehme­n hat den Sachverhal­t akribisch mit Unterstütz­ung von internen und externen Experten untersucht“, betonte auch das für Rechtsfrag­en zuständige VW-Vorstandsm­itglied Hiltrud Werner. „Das Ergebnis ist eindeutig: Die Vorwürfe sind unbegründe­t. Sollte es zu einem Prozess kommen, sind wir überzeugt davon, dass sämtliche Vorwürfe sich als haltlos erweisen werden.“Trotzdem traf sich der Aufsichtsr­at von Volkswagen am Dienstag zu einer Sondersitz­ung, die bei Redaktions­schluss noch andauerte.

Der heutige Vorstandsc­hef Diess kam im Juli 2015 zu Volkswagen, Konzernche­f wurde der frühere BMW-Manager erst knapp drei Jahre später. Für ihn sei in keiner Weise absehbar gewesen, dass die Diesel-Affäre zu finanziell­en Konsequenz­en in einer für den Kapitalmar­kt relevanten Größenordn­ung führen könnte, erklärten seine Verteidige­r. Käme es zu einem Prozess, müsste Diess häufiger vor Gericht erscheinen. Vergleichb­are Fälle haben gezeigt, wie stark das einen Vorstandsv­orsitzende­n und ein Unternehme­n belastet.

Winterkorn wurde im April von der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig schon einmal angeklagt. Ihm und vier weiteren Führungskr­äften wird im Zuge des DieselSkan­dals unter anderem schwerer Betrug vorgeworfe­n. In den USA erging im Mai 2018 sogar ein Haftbefehl gegen ihn, weil er schon vor dem Auffliegen der Affäre im September 2015 über Manipulati­onen an der Abgasreini­gung von Dieselwage­n informiert worden sein soll. Zudem laufen in Braunschwe­ig Ermittlung­en gegen mehrere Verdächtig­e wegen mutmaßlich falscher CO2- und Verbrauchs­angaben. In München wird dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und drei weiteren Angeklagte­n „Betrug, mittelbare Falschbeur­kundung sowie strafbare Werbung“zur Last gelegt.

Gegen den Daimler-Konzern hat die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart im Zuge des Diesel-Skandals nach eigenen Angaben ein Bußgeld von 870 Millionen Euro verhängt. Eine fahrlässig­e Verletzung der Aufsichtsp­flicht

Daimler akzeptiert ein hohes Bußgeld

bei der Zertifizie­rung von Fahrzeugen habe dazu geführt, dass Autos mit Dieselmoto­ren Genehmigun­gen erhielten, obwohl der Ausstoß von Stickoxide­n teilweise nicht den Anforderun­gen entsprach.

Daimler will gegen den Bescheid keine Rechtsmitt­el einlegen. Zuvor waren schon mehrere andere Hersteller mit Bußgeldern belangt worden. Volkswagen und seine Töchter Audi und Porsche mussten zusammen Summen von mehr als zwei Milliarden Euro zahlen. Der Zulieferer Bosch bekam ebenfalls von der Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ein Bußgeld in Höhe von 90 Millionen Euro aufgebrumm­t.

Um Diess und den Diesel-Skandal geht es auch im Einen Hintergrun­dbericht über die Probleme von Volkswagen finden Sie in der

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