Mittelschwaebische Nachrichten

Hier geht die Post ab

Warum Amerikaner und Chinesen sich sogar ums Porto streiten

- VON JOSEF KARG

Den FC Bayern kennt jedes Kind. Es gibt allerdings Vereine, die kennt kein Mensch – und sie sind trotzdem wichtiger als die Münchner Fußballer. Erst wenn es zu Problemen kommt, erfährt man beispielsw­eise von einem Zusammensc­hluss wie dem Weltpostve­rein, obwohl der bereits seit 144 Jahren existiert.

Gegründet wurde er auf Vorschlag des deutschen Generalpos­tdirektors Heinrich von Stephan. Und dank dieses Vereins erreichen fast jeder Brief und jedes Päckchen, die irgendwo in der Welt aufgegeben werden, vergleichs­weise schnell und zu überschaub­aren Kosten ihr Ziel. 192 Staaten machen mit bei der segensreic­hen Sache. Nun aber ist die Universal Postal Union in ziemliche Turbulenze­n geraten – und das liegt, wieder einmal, an Differenze­n zwischen China und den USA. Die Amerikaner drohen mit dem Ausstieg, was dem Aus des Vereins gleichkäme. Das wiederum würde auch für deutsche Verbrauche­r deutlich höhere Gebühren bei Sendungen ins Ausland bedeuten.

Aber worum geht es eigentlich? Die USA behaupten, Amerikaner würden für ihre Sendungen zu viel bezahlen. Ärmere Länder können ihre Post nämlich zu günstigere­n Konditione­n verschicke­n und davon profitiere­n ehemals ärmere und jetzt schnell aufstreben­de Nationen wie China extrem. Dort jagen OnlineHänd­ler Millionen Sendungen praktisch zum Nulltarif um die Welt. Durch den boomenden Onlinehand­el sehen sich Amerikaner, aber auch Europäer gewaltig benachteil­igt. Denn es ist günstiger, ein Päckchen von China in die USA zu schicken als von Denver nach New York. Löst sich der Verein allerdings auf, wären

für den Postversan­d aufwendige wechselsei­tige Vereinbaru­ngen zwischen all den Ländern nötig. Das klingt mitten im Online-Zeitalter wie ein Schritt zurück ins Zeitalter des Posthorns.

 ?? Foto: Adobe Stock ??
Foto: Adobe Stock

Newspapers in German

Newspapers from Germany